§. 111.


Stadt,

[79] deren Namen bis dahin dem Ritter ein großes Geheimniß gewesen war. Da er keine Anweisung zum Quartier in seiner geheimen Instruktion hatte, war ihm nichts übrig, als sich am Thor nach einem guten Gasthose zu erkundigen. Man nannte ihm deren zehn, und da er seinen Knappen bei der Auswahl um so mehr zu Rathe zog, als er ihn im Punkt des Punkts dieses Zutrauens nicht würdigen konnte, so einigten sich beide, wiewohl nachdem sie zwischen Gans und Schwan, den drei Mohren und den drei Sternen, dem Roß und Kranich lange geschwankt hatten. Zum Löwen! sagte der Ritter. – Zum Löwen! erwiederte der Knappe. Und – wer sollte es denken? – eben im Löwen fand der Ritter den Ordensvertrauten, der seiner wartete und mit ihm sogleich zur Sache schritt. Desto besser, dachte der Ritter. An Vorbereitungen hatte es (die drei Männer mit eingerechnet) nicht gefehlt. Schon war durch dieses ganz besondere Ereigniß, von welchem der Ritter zu glauben anfing, daß es wohl schwerlich ohne die Beiordnung des Schutzgeistes zu bewirken gewesen,[79] seine Seele für diesen Ordensvertrauten gestimmt. Er glaubte wegen der ritterlich überwundenen Schwierigkeiten reichlicher entschädigt zu werden. Die liebliche Weise, welche der Ordensvertraute einschlug, gewann unsern Helden noch mehr, und es war ihm Seelenwonne, nach so geraumer Zeit sich wieder einem Johannes, wiewohl anderer Art, aufschließen zu können.

Komm herein, du Gesegneter des Herrn! was stehst du draußen? war ungefähr das Resultat seiner Erwartungen. Wohl mir, antwortete der Ritter schon voraus, ich habe gefunden, deß ich so lange harrte.

Auf die feierliche Frage, die der Ordensvertraute von Amtswegen, wie er sich ausdrückte, that, was er von Ordensverbingungen überhaupt und vom Sonnenorden insbesondere dächte? legte unser Held eine so treue Osterbeichte ab, daß nichts in dem geheimsten Winkel seines Herzens zurückblieb. Nur der, welcher nach langer Enthaltsamkeit endlich wieder seinen Johannes findet, an dessen Busen er laut denken und dem er sogar Empfindungen, die sich noch nicht zu Gedanken ausbildeten, anvertrauen kann, ist im Stande, sich vom Glücke des Ritters eine Vorstellung zu machen. – Der Beichtvater verschlang jedes Wort, zeichnete hie und da etwas von diesen Bekenntnissen mit Bleifeder auf, sprang beim Amen plötzlich auf und verließ ohne Absolution spornstreichs den Gasthof. Ein


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Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 79-80.
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