§. 115.


Reitknecht

[95] auszusöhnen. So versöhnungsgeneigt dieser auch war, so bestand er doch auf dem Bekenntniß, verwandt mit Michael zu seyn, welches Michael nicht einräumen konnte. Was denn mehr, guter Michael? Räumt doch Herzog von Orleans öffentlich ein, der Sohn eines Kutschers zu seyn? Doch schien Michael wirklich die Wahrheit auf seiner Seite zu haben, und der Stallknecht in einem verzeihlichen Irrthum. Beim Ende vom Liebe ward festgesetzt, daß, da bei Gott kein Ding unmöglich ist, sie noch verwandt werden könnten, obwohl Michaels künftige Gattin dazu nichts beitragen würde, welche indeß der Reitknecht so viel und so wenig als der Bräutigam selbst zu kennen die Ehre hatte. – Beide Theile glaubten bei diesem Vergleiche unläugbare Vortheile erhalten zu haben. Man lasse den Menschen Worte, da sie so gern daran saugen, obgleich gemeinhin ihretwegen die Sache oft nicht dafür kann, wenn sie langweilig wird. Nach diesem glücklich vollzogenen Vertrage, der[95] dem verwaisten Michael so wohl that, nicht uur weil sein Herz gut war, sondern weil er auch jetzt des Beistandes seines Reisegefährten sehr leicht nöthig haben konnte, überfiel ihn


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 95-96.
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