§. 121.


zweite Frage:

[128] ob und wie weit die Obern des Ordens den Schülern seiner Geheimnisse bekannt oder unbekannt wären? erwiederte der Alte: bekannt und unbekannt. Der erste bekannte Ordensobere wer ist es? Der da ist, der da war und der da seyn wird; den wir, wie das jüdische Volk, nicht nennen; der, sobald Er genannt wird, einen Theil seiner Erhabenheit und seines unerforschlichen Wesens zu verlieren scheint. Nur in der Geisterwelt kann Er bezeichnet werden. Namen sind Körper der profanen Welt halber, ihretwegen sprechen wir von Gottes Wesen und Eigenschaften. – Außer dieser Thalpredigt wartet deiner eine Bergpredigt, und er, der da ist und der da war und der da seyn wird, Er, der in dir angefangen hat das gute Werk, wolle es durch seinen heiligen Geist in dir bestätigen und vollführen bis in Ewigkeit! Halleluja! Die göttlichen Eigenschaften sind ein Dieterich, womit eine Art von Gottesgelehrten, die Gott vielleicht am wenigsten kennen mögen, alle Geheimnisse aufschließen. – Gott ist gerecht, also muß er – Gott ist weise, also muß er – Gott ist gütig, also muß er – Und was muß[128] er? Nicht was Er will, sondern was diese Art von Gottesgelehrten will. – Mit ihren Küstern werden die Herren so leicht nicht fertig, wie mit dem göttlichen Wesen. In ihren Gebeten entblöden sie sich nicht, ihm Instruktionen, Fingerzeige, Rathschläge und dergleichen zu ertheilen. – O, der Thoren und trägen Herzen, die vergessen können, daß Gottes Wege nicht unsere Wege und seine Gedanken nicht unsere Gedanken sind!

Auch gibt es Obere, die von Körpern entkleidet gern die begleiten, welche ererben sollen die Seligkeit, und deren sind neun. Es sind Menschen Gottes und wenn du willst Gottmenschen, durch die das Werk des Herrn sichtbarlich auf Erden getrieben wird. Die Frage liegt dem Wesen des Ordens zu nahe, als daß ich mehr sagen könnte, ohne verrathen zu werden. Ich schweige und bete an, das heißt, ich bin nicht im Stande, was ich empfinde und denke, durch Worte zu entwürdigen. Die


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860, S. 128-129.
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