Ministerwechsel

[219] Mel. Es ist ein Schuß gefallen.


Ein Sultan liegt und rastet,

Er schläft in süßer Ruh,

Da ruft ihm eine Stimme

Vom Himmel deutlich zu:


»Wach auf, du hehrer Sultan,

Und spare keinen Fleiß,

Und mach' aus deinem Reiche

Sofort ein Paradeis!«[220]


Der Sultan sendet eilig

Zu seinem Großvezir:

»Bringt meinem Knecht die Botschaft,

Er komme gleich zu mir!«


Es liegt im Fieberfroste

Die alte Excellenz,

Sie wirft sich in den Schlafrock

Und eilt zur Audienz.


»Was, ruft der hehre Sultan,

Was seh' ich da vor mir?

Wen hab' ich rufen lassen?

Ist das der Großvezir?«


Da eilt zurück im Schlafrock

Die kranke Excellenz,

Bleibt heim, und schickt den Kaftan

Hinauf zur Audienz.[221]


Der Sultan war verlegen

Deswegen gar nicht sehr:

»Es finden sich Vezire

Auf Erden wol noch mehr.«


Da fand sich gleich ein Franke.

Der in den Kaftan kroch.

»Ein Franke, sprach der Sultan,

Der paßt zu Allem doch!«


Da saßen nun die beiden,

Beriethen Tag und Nacht,

Wie wol am besten würde

Das Paradeis gemacht.


Sie brachten's nicht zu Stande.

Der Sultan sprach: »mein Seel!

Ach, hätt' ich doch aus Schwaben

Den Blittersdorf und Scheel!«

Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Deutsche Lieder aus der Schweiz, Hildesheim/New York 1975, S. 219-222.
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