Der Mond mit den Sternen

[263] Es schaut der Mond mit güldenem Schein

So ernst in die stille Welt hinein.

Es ist so eigen ihm zu Sinn,

Er wandelt und plaudert so vor sich hin.


Wo mögen die lieben Sterne sein?

Ich wandle nicht gerne so allein.

Wir könnten uns heute frei ergeh'n,

Es läßt sich kein einziges Wölkchen seh'n.


Allein zu sein ist Trauer und Pein

Bei allem Glanz und güldenem Schein;

Allein zu sein ist allezeit

Nur halbe Freud' und doppelt Leid.


Das hört ein Stern wohl Wort für Wort,

Er sagt es dem nächsten Stern sofort;

So sagt es ein Stern dem andern Stern,

Bald wissen es alle nah' und fern.


Sie kommen wie zum Reigentanz,

Sie kommen in ihrem silbernen Glanz,

Und alle, alle sind bereit,

Dem Monde zu geben das Geleit.


»Willkommen, o Mond, in deiner Pracht!

Willkommen in Winter- und Sommernacht!

Du sollst nie sein in der Welt allein:

Wir wollen dir treue Begleiter sein.«[264]


Nun lassen sie jede Nacht sich seh'n,

Mit dem lieben Monde spazieren zu geh'n;

Und wenn er nicht kommt, so warten sie sein,

Sie lassen ihn niemals wieder allein.


O ging' es doch mir wie dem Monde so gut,

Wie wär' ich fröhlich und wohlgemuth!

Dann hätt' ich immer in Freud' und Leid

Mein ganzes Leben ein freundlich Geleit!


Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Kinderlieder, Hildesheim/New York 1976, S. 263-265.
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