Gefährdetes Geleite

[177] In den J. 1215-20.


Ich saz ûf einem steine:

dô dahte ich bein mit beine,

dar ûf sazt ich den ellenbogen;

ich hete in mîne Hant gesmogen

daz kinne und ein mîn wange.

dô dâhte ich mir vil ange,

wie man zer welte solte leben;

deheinen rât konde ich gegeben,

wie man driu dinc erwurbe,

der keines niht verdurbe.

diu zwei sint êre und varnde guot,

daz dicke ein ander schaden tuot,

daz dritte ist gotes hulde,

der zweier übergulde:

die wolte ich gerne in einen schrîn.

jâ leider desn mac niht gesîn,

daz guot und weltlich êre[178]

und gotes hulde mêre

zesamene in ein herze komen.

stîg unde wege sint in benomen,

untriuwe ist in der sâze,

gewalt vert ûf der straze,

vride unde reht sint sêre wunt:

diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.


Walther von der Vogelweide.

Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Unpolitische Lieder von Hoffmann von Fallersleben, 1. + 2. Theil, 2. Theil, Hamburg 1841, S. 177-179.
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