Lob-rede an das liebwertheste frauen-zimmer

[3] C.H.v.H.


Hochwerthes jungfern-volck/ ihr holden anmuths-sonnen/

Ihr auserwehlter schmuck/ der hauß und gassen ziert.

Wer ist so steinern/ der euch nicht hat lieb gewonnen?

Und welchen habt ihr nicht mit fesseln heimgeführt?

Wer ist so kühn/ der darff für eure augen treten/

Wenn ihr die waaren habt der schönheit ausgelegt?

Wer will euch/ liebste/ nicht als einen Gott anbeten/

Weil ihr das bildnis seyd/ das Venus selbst geprägt.

Jedoch ich will nur bloß ein theil von dem berühren/

Mit welchem die natur euch herrlich hat versehn.

Der sinnen schiff soll mich in solche länder führen/

Wo auff der see voll milch nur liebes-winde wehn.

Die brüste sind mein zweck/ die schönen marmel-ballen/

Auf welchen Amor ihm ein lust-schloß hat gebaut;

Die durch das athem-spiel sich heben und auch fallen/

Auf die der sonne gold wolriechend ambra thaut.

Sie sind ein paradieß/ in welchem äpffel reiffen/

Nach derer süssen kost iedweder Adam lechst/

Zwey felsen/ um die stets des Zephirs winde pfeiffen.

Ein garten schöner frucht/ wo die vergnügung wächst.

Ein über-irrdisch bild/ dem alle opffern müssen.

Ein ausgeputzt altar/ für dem die welt sich beugt.

Ein crystallinen qvell/ aus welchem ströme flüssen/

Davon die süßigkeit den nectar übersteigt.

Sie sind zwey schwestern/ die in einem bette schlaffen/

Davon die eine doch die andre keinmal drückt.

Zwey kammern/ welche voll von blancken liebes-waffen/

Aus denen Cypripor die göldnen pfeile schickt.[3]

Sie sind ein zeher leim/ woran die sinnen kleben;

Ein feuer/ welches macht die kältste hertzen warm;

Ein bezoar/ der auch entseelten giebt das leben;

Ein solcher schatz/ für dem das reichthum selbst ist arm.

Ein kräfftig himmel-brod/ das die verliebten schmecken;

Ein alabaster-hauß/ so mit rubinen prahlt;

Ein süsser honigseim/ den matte seelen lecken;

Ein himmel/ wo das heer der liebes-sterne strahlt.

Ein scharff-geschliffen schwerd/ das tieffe wunden hauet/

Ein rosen-strauch/ der auch im winter rosen bringt.

Ein meer/ worauff man der Syrenen kräffte schauet/

Von denen der gesang biß in die seele dringt.

Sie sind ein schnee-gebürg/ in welchem funcken glimmen/

Davon der härtste stahl wie weiches wachs zerfleust.

Ein wasser-reicher teich/ darinnen fische schwimmen/

Davon sich sattsam ein verliebter magen speist.

Sie sind der jugend lust/ und aller kurtzweil zunder/

Ein krantz/ in welchem man die keuschheits-blume sieht.

Sie kürtzen lange zeit/ und stifften eitel wunder/

Weil beydes glut und schnee auff ihrem throne blüht.

Sie sind ein runder sarg/ wo liebe liegt begraben/

Ein ditrich/ welcher auch des hertzens grund auffschleust/

Ein ort/ in dem nur lust will sitz und wohnstadt haben/

In dessen hölen milch und nectar häuffig fleust.

Zwey fässer/ welche sind mit julep-safft erfüllet/

Lockvögel/ derer thon ein freyes hertze bindt;

Zwey sonnen/ welche zwar mit dünnem flor umhüllet/

Doch macht ihr heller blitz die klärsten augen blind.

Sie sind ein zart gewand von schwanen-weisser seide/

Daran man sehen kan/ wie ieder faden steht/

Zwey hügel/ derer höh' bedecket ist mit kreide/

Zwey fläschgen/ denen nie der wollust milch entgeht.

Zwey brünne/ da nur stets gesunde wasser quellen/

Und wo die dürre nicht der adern marck aussaugt.

Zwey jäger/ welche zahm und wilde thiere fällen/

Wo keines wird verschont/ was nur zu fangen taugt.[4]

Zwey schnee-balln/ welche doch unmöglich schmeltzen können/

Womit das jungfern-volck der männer seelen schmeist.

Zwey aufgestelte garn/ und schlingen freyer sinnen/

Aus denen gar kein mensch/ wie klug er ist/ entreist.

Zwey kräme/ wo man huld und freundlichkeit ausleget/

Und wo ein rother mund nur kan der kauffmann seyn.

Zwey körb'/ in welchen man bloß marcipan feil träget/

Nach dessen süßigkeit die lippen lechsend schreyn.

Zwey thürme/ derer pracht von elffenbein vollführet/

Darauff Cupidens pfeil die wache fleißig hält.

Zwey kleinod/ derer glantz der jungfern leiber zieret/

Wenn ihre freundligkeit den männern netze stellt.

Sie sind ein blasebalg/ ein feuer auffzufachen/

Das durch kein mittel nicht kan werden ausgelöscht.

Zwey bette/ wo rubin und marmel hochzeit machen/

Wo süsse mandel-milch der rosen scharlach wäscht.

Sie sind ein see-compas/ der hurtig rudern heisset/

Eh man in hafen der vergnügung wird gebracht.

Ein reiner thron/ auff dem der liljen silber gleisset/

Worauff verliebtes volck nur hat zu sitzen macht.

Ein werthes heiligthum/ das keusche lippen küssen/

Für dem sich hertz und knie in tieffster demuth neigt.

Ein meer/ aus dem sich lust und liebligkeit ergiessen/

Ein bergwerck/ dessen grund zwey demant-steine zeigt.

Doch niemand lobt den brauch die kugeln zu verdecken/

Darauff man sehen kan/ wo lieb- und lust-land liegt.

Ach schönste! glaubet mir/ ihr möget sie verstecken/

Ein liebes-auge hat dem allen obgesiegt

Orontes selbst bezeugt/ daß kein verbergen nutze/

Der brüste Pharos hat durch zart gewand geleucht.

Er ruht im liebes port ietzt unter ihrem schutze/

Wenn uns ein rauher sturm noch um die segel streicht.

Wol dem nun/ der wie er kan so vergnüget leben!

Den so ein weisser schild für wehmuths-wunden schützt!

Der seinem munde kan dergleichen zucker geben/[5]

Der so vergnügt/ wie er/ im liljen-garten sitzt!

Der so die blumen mag auff weissen wiesen brechen;

Der aus der brüste schacht rubin und demant gräbt.

Der rosen samlen kan ohn einzig dornen-stechen;

Der von der speiß und krafft der süssen äpffel lebt.

Dem so das glücke blüht/ den es so bruder nennet/

Dem eine runde brust kan pfühl und polster seyn.

Der in der liebsten schooß mit vollem zügel rennet/

Der seiner Venus so flößt liebes-balsam ein.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte zweiter Teil, Tübingen 1961, S. 3-6.
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