An Flavien

[74] C.H.v.H.


Will das gelücke denn gantz meine feindin werden?

Stürmt süd/ ost/ nord und west?

Bin ich ein gauckel-spiel und leichter ball der erden/

Den Venus fallen läst?

Will keine sonne mehr mein schwartzes haupt berühren?

Umhüllt mich nichts als nacht?

Will das verhängniß mih an einer kette führen/

So mich verzweiffelt macht?

Orontes weiß fast nicht was ferner sey zu dencken/

Zürnt Venus oder du?

Ach gläub es! Flavia/ mein leiden und dein kräncken

Kommt mir und dir nicht zu;[74]

Was hab ich dir gethan/ daß du mich nichtt wilst kennen?

Wie heist du meine schuld?

Soll mein verbrechen sich mit rechtem namen nennen?

So rufft es: Lieb und huld/

Du läst mein auge nicht zu deinen gräntzen dringen/

Mein auge sonder licht/

Du deckst den schönen mund mit deines schatten schwingen/

Und kennst mich ferner nicht.

Das basiliscken-gifft/ der rauch von allen drachen/

Der fledermäuse blut/

Kan meiner Flavie nicht solchen eckel machen/

Als des Orontes glut.

Doch hab ich dich erzürnt/ so will ich treulich büssen/

Es schweret hand und geist.

Wie solte nicht mein blut mit reichen strömen fliessen/

Wenn du es springen heist.

Solt ich/ o Flavia! zu deinen füssen sterben/

So stürb ich ohne spott;

Denn liebe/ so nicht kan die gegenlieb erwerben/

Ist ärger als der tod.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 74-75.
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