Zwölfter Auftritt.

[224] Amélie. Richard.


RICHARD. Endlich, meine theure Amélie!

AMÉLIE. Zurück!

RICHARD. Träumst Du?

AMÉLIE. Ich bin erwacht! – Verlassen Sie mich!

RICHARD. Jetzt? – Dich?! – Warum haben wir den Ball verlassen?

AMÉLIE. Es war Furcht – Reue –

RICHARD sie umschlingend. Freundin, die kommt zu spät.

AMÉLIE sich losmachend. Ich rufe Hilfe! Sie eilt nach der Thür Nr. 3.

RICHARD ihr folgend. Was willst Du thun? Dort schläft Philippine mit dem Kinde.

AMÉLIE ihr Gesicht bedeckend. Ha, welche Schmach! Mein Kind! Und ich – leichtsinnige Mutter!

RICHARD verletzt. Gelt' ich Dir nichts?

AMÉLIE. Fliehe auf der Stelle, flieh'! Eine ungeheure Bangigkeit, eine Todesahnung rieselt erkältend durch meine Adern – fliehe –

RICHARD erstaunt. Amélie?

AMÉLIE reißt sich gewaltsam los und eilt mit den Worten. Zurück! Jetzt – Dank dem Himmel – find' ich mich wieder! Nach Dörthe's Thür Nr. 1, die sie hinter sich in's Schloß wirft.

RICHARD allein, steht wie versteinert. Sollte das noch Ziererei sein? – Ich kann es nicht denken! – Geht ihr nach. Wahrhaftig, sie hat sich eingeschlossen – und da drinn' schläft die Magd – ei, das ist über den Spaß! Er rüttelt am Schloß der Thüre.


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 224-225.
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