1.

[228] Ich rauchte nicht und trank kein Bier,

Ein junger Mensch von achtzehn Jahren,

Und dieses Buch der Welt schien mir

Wie eines Engels Memoiren.

Schon sah ich mich im Frührothschein

Vor lauter Glück die Hände falten,

Doch heut gesteh ich's traurig ein:

Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten!


Auch schrieb ich manchen Liebesbrief

Und schwärmte à la Heinrich Heine,

Doch das war kindisch und naiv,

Denn statt der Herzen fand ich Steine.

Nun hängt am Galgen mein Humor

Und macht mein warmes Blut erkalten,

Denn traurig klingt es mir im Ohr:

Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten![229]


Zwar meiner Kunst ersehnten Kranz,

Schon streift ihn hie und da mein Scheitel,

Doch denk ich schon wie Meister Hans

Und deklamire: Alles eitel!

Mir kreist das Hirn, mir wankt das Knie,

Ein Andrer mag mein Amt verwalten!

Zu traurig klingt die Melodie:

Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten![230]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 228-231.
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