Der Streit der Liebe

[201] Die Welt liegt stets im Streit: doch dencket nicht ihr Helden/

Die ihr der Erden-Kreiß mit Stahl und Eisen zwingt/

Daß ich von eurem Kampf/ von Mord und Blut will melden/

Und wie ihr Land und Leut in eure Feßel bringt.

Ich meine diesen Krieg/ den wir mit Lieben führen/

Mit Liebe/ die diß Rund in ihre Bande schlägt/

Durch welche wir Gewalt an Leib und Seele spühren/

Und die die Helden auch zu ihren Füßen legt.[201]

Die Liebe heißt das Band des Himmels und der Erden/

Wenn se vollkommen ist: Wenn wir an Gott verknüpft/

Und mit der Welt in Gott zugleich verbunden werden/

Denn ist die Freude rein/ die in dem Hertzen hüpft.

Wenn aber uns die Welt zu ihren Gütern reißet/

Zur Schönheit die vergeht/ zu eitler Ehr und Lust/

Und uns mit Leib und Seel darein verlieben heißet:

So brennt verbotne Gluht in der verkehrten Brust.

Mit dieser Liebe hat ein Irdischer zustreiten.

Löscht er ihr Feuer aus und zündet neues an/

Das Oehl vom Himmel hat/ so schmeckt er Süßigkeiten/

Und fühlt was oben her ein Freuden-Feuer kan.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 201-202.
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