Sechster Auftritt.

[164] HERR VON WALLENFELD. Nun? Was soll ich hören?

SEKRETÄR. Pure Großmuth, wovon Ihro Excellenz – besessen sind. Dero angebliche Mariage ist ihm nun einmal absolut zuwider.

HERR VON WALLENFELD. Weiter!

SEKRETÄR. Wenn Sie nun diese durch eine förmliche Scheidung kassiren, und das erzielte Söhnlein unter dem Namen Monsieur Stern erziehen, so will er Ihre Schulden bezahlen, Ihnen auch noch ein für allemal ein Präsent auf die Reise machen.

HERR VON WALLENFELD. Daraus wird nichts: mein ehrliches Weib behält ihren Mann und mein Sohn seinen Namen.

SEKRETÄR. Hm! Ein vornehmer Name mit Pauvreté vergesellschaftet, ist nicht erklecklich! Nun, und die gnädige Frau wird es ja wohl auch zufrieden sein?

HERR VON WALLENFELD. Weshalb? weshalb die?

SEKRETÄR. Lieber Gott! – der Hunger thut weh.

HERR VON WALLENFELD bitter. Allerdings![164]

SEKRETÄR. Und wenn man jung ist, und schön ist, und soll hungern, wo man doch essen könnte, und zwar reichlich, da entstehen Reflexionen –

HERR VON WALLENFELD. Bösartiger Narr!

SEKRETÄR mit Grimm. Das verbitte ich mir! Zum Narren bin ich zu alt; habe auch Ihren Mißmuth nicht verdient, denn erst heute habe ich ihr eine Zubuße an Geld ausgemittelt –

HERR VON WALLENFELD. Wem? meiner Frau?

SEKRETÄR. Ja!

HERR VON WALLENFELD. Durch wen?

SEKRETÄR. Durch Herrn von Fernau.

HERR VON WALLENFELD. Ich will nichts von ihm.

SEKRETÄR. Hunger und Kummer sind –

HERR VON WALLENFELD. Erträglicher als sein Almosen und Ihr Mitleid. – Hat sie es angenommen?

SEKRETÄR. O Gott! – zu Dank – vergnügt.

HERR VON WALLENFELD. Es soll zurück! Er soll Sein böses Gewissen in Ansehung meiner nicht mit einem Almosen erleichtern, und ich will das meinige nicht mit einem schlechten Streiche gegen mein Weib vermehren. Sagen Sie das dem Onkel. Sagen Sie ihm, daß ich nichts mehr habe, nichts, daß ich verzweifle. Was aus mir wird, weiß Gott. Kann ich vom Schicksal noch etwas hoffen, so ist es dafür, daß ich jetzt mit der Ueberzeugung von hier gehe, eine heilige Pflicht gegen ein unglückliches Weib nicht verletzt zu haben. Hieher komme ich niemals wieder. Geht ab.

SEKRETÄR. Desto besser, desto besser! So können wir das Unsrige in Ruhe und Frieden genießen, mein Herr Baron Obenhinaus und Nirgendsan. Geht ab.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 3, Wien 1843, S. 164-165.
Lizenz:
Kategorien: