Sechster Auftritt.

[207] Vorige. Bedienter.


BEDIENTER. Der Wagen ist vorgefahren.

GEHEIMERATH zum Rektor. Solche Leute machen immer lange Geschichten. – Brauche nichts zu wissen. Da ist Geld.

REKTOR. Wenn Hochdieselben so zu geben pflegen, so pflege ich nicht so zu nehmen. Der arme unglückliche Mann ist Dero Herr Neffe, Baron von Wallenfeld.

GEHEIMERATH steckt das Geld ein. Der? Dem gebe ich nichts. Reden Sie mit meinem Sekretär. Muß ausfahren. Geht.

SEKRETÄR. Geruhen doch Ihro Excellenz noch zu verziehen. Es möchte eine Extremität bei der Sache sein.

REKTOR. Ja! das höllische Feuer selbst ist bei der Sache.

GEHEIMERATH. Reden Sie.

SEKRETÄR. Ach Sie christlicher Ehrenmann! Wie ist es denn mit dem Baron?

REKTOR. Er ist in Desperation, hat sich aus Hunger und Kummer zu falschen Spielern gesellt.[207]

SEKRETÄR. Da soll ja Gott sich erbarmen!

REKTOR. Nun ja. Wenn Gott sich erbarmt, wie geschieht das? Durch Menschen, die helfen können. Hier, der Herr Geheimerath als Vaters-Bruder –

SEKRETÄR. Ihro Excellenz sind aber sehr aufgebracht, und das mit Recht.

REKTOR. Aber die arme Seele geht ja bei dem verruchter Spieler verloren. Der Kerl, der ihn in Satans Namen in den Klauen hat, der Herr von Posert – ist einer von denen, die der Herr gezeichnet hat; und es wird eben der ganzen Teufelsrotte von der Polizei nachgespürt.

SEKRETÄR. Was Sie mir sagen? Ei Ihro Excellenz! von der Polizei! der hohe Name von Wallenfeld! Ach Gott, Gott!

GEHEIMERATH. Es ist schrecklich! Was kann ich denn thun?

SEKRETÄR redet leise mit ihm.

GEHEIMERATH sinnt nach. Meint Er?

SEKRETÄR. Ja! Denn sonst – Redet wieder leise mit ihm.

GEHEIMERATH nachdem er geredet hat. Das ist wahr.

REKTOR. Es ist ein junger Mensch ausgeplündert worden, dessen Kurator die Sache anhängig machen will. Ich kenne den jungen Menschen und den Kurator. Der Handel ist schlimm – sehr schlimm! Da nun ich dem Baron Dankbarkeit schuldig bin, so bitte ich hier hoch und theuer, daß man ihn doch noch vorher da wegtreibe, und ihn rette.

SEKRETÄR. Nun, wir wollen sehen. – Wer ist denn ausgeplündert?

REKTOR. Ein Pfarrerssohn, der hier eine Erbschaft für seinen Vater erhoben hat.

GEHEIMERATH. Gegen den hätte man falsch gespielt?[208]

REKTOR. Das meint sein Freund, der Lizenziat Wieder.

GEHEIMERATH. Und mein Neveu war dabei?

REKTOR. Leider Gottes.

SEKRETÄR. Und wußte um den Betrug?

REKTOR. Mein Sohn fürchtet es.

SEKRETÄR. Nun, Ihro Excellenz?

GEHEIMERATH. Hat Recht, Er. Muß fort. Geht ab.

REKTOR. Wer muß fort? Wohin? Wer?

SEKRETÄR. Ihro Excellenz fahren zum Herrn Kriegsminister.

REKTOR. So? Und ich gehe dahin.

SEKRETÄR. Was? zum –

REKTOR. Zum Herrn Kriegsminister. Ja, ja! Es ist hier bei der hohen Blutsfreundschaft sehr kalt hergegangen. Es möchte dort allenfalls desto heißer denuncirt werden. Ich aber habe die unsterbliche Seele retten wollen, ohne den Leib zu verderben. Deshalb will ich mich hinmachen –

SEKRETÄR. Ei, gehen Sie lieber an die Bank zum Baron –

REKTOR. Da würde ich betrachtet wie ein abgegriffenes griechisches Lexikon. Nein, ich merke wohl, was mir sonst obliegen will. In Gottes Namen! Frisch daran! Es ist eine geistliche Patrouille gegen den bösen Feind.


Er geht hastig fort.


SEKRETÄR. Die ist mir ungelegen. Hm, hm! Er denkt nach. Der Baron ist in Noth. – Ein Stück Geld, – so schafft er mir Ruhe, daß der alte Lieutenant uns nicht mehr turbirt. – Ich ängstige ihn mit der Festung, – hetze ihn aus dem Lande. So ist allen geholfen. Frisch! Es ist eine weltliche Patrouille für Habe und Gut. Er geht ab.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 3, Wien 1843, S. 207-209.
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