Siebenter Auftritt

[45] Pastor. Oberförster.


OBERFÖRSTER von außen. Nur gleich besorgt! – Im Kommen. Ich will denn schon weiter sorgen, wie – – Ei, sieh da! Willkommen, Herr Pastor! Sie haben gewiß das Mädchen besucht?

PASTOR. Ja. Freude, innige Freude habe ich an ihrer guten Bildung.

OBERFÖRSTER. Nicht wahr? Ja, das Mädchen ist brav! Er packt seine Pfeife, Tobaksbeutel und Papiere aus. Nun, meine Frau wird Ihnen ja wohl gesagt haben – – Sie sind unser Gast diesen Mittag.

PASTOR. Noch hat sie mich nicht gesehen. Ich danke indes für die Einladung.

OBERFÖRSTER. Also Sie kommen?

PASTOR. Ja.

OBERFÖRSTER. Brav, brav so! Wir wollen recht vergnügt sein, denke ich.

PASTOR. Es ist mir lieb, Sie bei so guter Laune zu finden. Ich habe denn wieder so dieses und jenes Anliegen an Sie.

OBERFÖRSTER. An mich? Wie – warum – wie? –

PASTOR. Sie sollten es doch schon gewohnt sein, daß ich immer für jemanden bettle, wenn ich komme –

OBERFÖRSTER. Nun, was ist es? – Was ich helfen kann –

PASTOR. Der alte Fritz, der schon bei dem vorigen Amtmann – – – der schon dreißig Jahre auf dem Amte ist, hat gestern seinen Abschied bekommen.

OBERFÖRSTER. Das ist schlecht vom Amtmann. Einen[45] Hund schaffe ich nicht ab, wenn er auch noch so alt ist, wenn er auch kein Glied mehr rühren kann; und der Amtmann – Pfui!

PASTOR. Was mir leid tut: man ist von allem Ihrem Gesinde des Guten so gewohnt, und Ihr Matthes hat durch boshafte, tückische Streiche den Mann vom Amte weggebracht.

OBERFÖRSTER. Nun, der Matthes entläuft seinem Galgen nicht. Da hat es –

PASTOR. Der arme alte Mann hat die kranke Frau – die vielen Kinder! Es ist denn doch ein schreckliches Schicksal – In seiner Jugend – Husar, fast zum Krüppel gehauen und keine Pension – auf seine alten Tage auch aus dem Dienste noch verabschiedet! Er soll wie verzweifelnd im Orte herumgehen.

OBERFÖRSTER. Armer, armer Teufel!

PASTOR. Wenn man ihn nur erst den Winter durchbrächte. – Ich habe darum eine kleine Kollekte veranstaltet –

OBERFÖRSTER. Das lohne Ihnen Gott! Ich will denn das Meinige auch dazu geben. – Hm – Wer bald gibt, gibt doppelt. Das hier – habe ich Riekchen geben wollen, dort wäre es auch gut gewesen; aber hier tut es not! Da –

PASTOR ohne es einzustecken. Das ist viel.

OBERFÖRSTER. Der Winter ist hart.

PASTOR. Es ist wirklich viel. Lieber weniger Geld und etwas Holz.

OBERFÖRSTER. Das Holz gehört dem Fürsten; das Geld ist mein. – Nun – was gibt es denn sonst Neues?

PASTOR. Neues? Je nun – noch eine Bittschrift an Sie.

OBERFÖRSTER. Bittschrift?

PASTOR. Mündliche Vorstellung durch mich.

OBERFÖRSTER. Von wem?

PASTOR. Von Ihrem Sohn.

OBERFÖRSTER. Was will er?

PASTOR. – Heiraten. –

OBERFÖRSTER. Hoho!

PASTOR. Ein Mädchen, das er herzlich liebt und die ihn wiederliebt.

OBERFÖRSTER. Herr Pfarrer – wen er will – wer es sei – nur Mamsell Kordel vom Amte nicht. Wenn es die ist – so –[46]

PASTOR. Nein – es ist Riekchen.

OBERFÖRSTER. Ja? Wahrhaftig? Es ist nicht möglich! Hat der Junge das Mädchen lieb? Und sie –

PASTOR. Sie ihn nicht minder.

OBERFÖRSTER. Topp! Die soll er haben – nur versteht sich – noch nicht. Aber die soll er haben. Ei – wenn hat er Ihnen denn das gesagt?

PASTOR. Vor wenig Minuten.

OBERFÖRSTER. Da wollen wir ihn gleich rufen. Tut ein paar Schritt. Zwar nein – das geht nicht so. – Hollaho! Da hätte ich was Schönes angestellt!

PASTOR. Wieso?

OBERFÖRSTER. Ei – hahaha, ich muß doch meine Hausehre mit in den Rat ziehen.

PASTOR. Jawohl, jawohl.

OBERFÖRSTER. Heda – Rudolph! – He!

RUDOLPH. Herr Oberförster!

OBERFÖRSTER. Meine Frau soll kommen. Rudolph ab. Ja wenn wir das vergessen hätten, Herr Pfarrer – der offenbare Krieg wäre angegangen. Und beim Licht besehen – gilt ja ihr Wort soviel als meines.

PASTOR. Richtig.

OBERFÖRSTER. Ober den Blitzjungen! Nun, das ist noch der gescheuteste Streich, den er in seinem Leben gemacht hat. – Dafür hat er Kredit bei mir.

PASTOR. Anton ist gut.

OBERFÖRSTER. Aber wild – wild wie der Teufel. Zwei runde Jahre muß es mit der Heirat doch noch anstehen, wenn es gut gehen soll.

PASTOR. Dazu rate ich nicht, denn – – –


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Die Jäger. Stuttgart 1976, S. 45-47.
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