Dritter Auftritt

[97] Vorige. Rudolph.


RUDOLPH. Herr Schulz – Er soll den Augenblick aufs Amt kommen.

SCHULZ. Gleich. Rudolph ab. Herr Pastor, verlassen Sie die Leute nicht. Ach Gott! Ich weiß vor Angst und Wehmut nicht, was ich tue. Ab.

OBERFÖRSTER. Was sagt mein Sohn?

PASTOR. Er beteuert laut seine Unschuld – allein –

OBERFÖRSTER. Ich auch – ich auch. Mein Sohn ist kein Bösewicht, kein Mörder. Ja, er ist unschuldig.

PASTOR. Seine Heftigkeit –

OBERFÖRSTER. Ist nicht so arg, wie sein Herz gut ist. Ich sterbe darauf, mein Sohn ist unschuldig.

PASTOR. Sein Haß gegen Matthes – alle Umstände – ich fürchte, er ist schuldig. Er erkennt indes die Gefahr, in die ihn sein Verhängnis gestürzt hat, und wünscht, Sie zu sprechen.

OBERFÖRSTER. Ich will hin. Ja. Ich will gleich hin.

PASTOR. Einen Augenblick nur –

OBERFÖRSTER. Er verlangt nach mir, wie kann ich noch dastehen –

PASTOR. Wird er nicht auch seine Mutter und die unglückliche Friedrike sehen wollen? Wollen Sie sich und diese in den fürchterlichen Aufenthalt bringen? Die blutigen Kleider, der Zulauf von Menschen – Sie würden das nicht aushaken, und jene Unglücklichen noch weniger.

OBERFÖRSTER. Ich sollte ihn also gar nicht –

PASTOR. Sie müssen ihn sprechen. Ich will bei dem Amtmann alles versuchen, daß er hiehergebracht werden darf.

OBERFÖRSTER. Der Amtmann – ach daran denke ich jetzt erst. Armer Anton, du wirst es büßen müssen, daß dein Vater Wahrheit sagte.

PASTOR. Unglück macht mild, söhnt unsre bittersten Feinde mit uns aus. Ich denke, es soll gehen. Er kann oben herum durch den Garten kommen. Es fängt an, dunkel zu werden – man sieht ihn nicht, ich will bitten, daß man ihn ohne Ketten –

OBERFÖRSTER. Ketten? Mein Gott! – In Ketten –[98]

PASTOR ihn sanft ergreifend. Wie sagten Sie vorhin? »Gott will ihn!« Bleiben Sie bei dem Gedanken.

OBERFÖRSTER. Ja, ja das will ich. Aber – denken Sie – in acht Tagen sollte die Hochzeit sein; wie haben wir nicht so vergnügt dagesessen! – Und nun, vielleicht in vier Wochen? – Und seine Mutter – das unglückliche Mädchen und ich! – O Anton, Anton! Mein einziger Sohn!


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Die Jäger. Stuttgart 1976, S. 97-99.
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