Zehnter Auftritt.

[234] Vorige. Graf Christoph. Rath Greif.


CHRISTOPH. Hier sind acht und vierzig Schreiben, die der Rath Greif für Sie, als Notifikationen meiner Heirath zu verschicken denkt.

BARONESSE noch außer sich. O – das hat Zeit.

CHRISTOPH. Wir sind von unsers hochseligen Herrn Urgroßvaters Frau Muhme-Schwester mit den alten Herzogen von Braganza – und durch diese – mit den Königen von Portugal verwandt – Darum habe ich die Vermählung mit der Fräulein Tochter Sr. Majestät auch angezeigt. – Hier – unterzeichnen Sie. – Meine Briefe sind schon fort.

GREIF. Nicht einen Augenblick ist die Vermählung zu verschieben, denn der Kredit –

BARONESSE verdriesslich. Schlimm genug, daß um dem aufzuhelfen, ich mein Kind opfern solle.

CHRISTOPH. Und daß ich jetzt Geld bekomme! –[234] Geld – und meine eigene Kanzlei! – Denn, da ich zum Wohl der Menschheit mich vermähle – so zu sagen – und wegen des alten Stammes – so muß ich auch wie ein Boga leben können.

BARONESSE störrig. Ihre unartigen Begierden müssen Sie ablegen, wenn aus der Sache was werden soll.

GREIF erschrocken. Wie? Wenn –

CHRISTOPH. Was aus der Sache werden? – Haben Sie nicht vor acht Tagen die Geistlichen zu mir geschickt? – Und – und Greif mit dem Stammbaume? – Und – alle Wetter! –

BARONESSE. Herr Graf – mißbrauchen Sie meine Güte nicht.

CHRISTOPH. Kriege ich Geld oder nicht? –

GREIF. Gnädige Frau –

BARONESSE. Herr von Greifhart, Ihr spiritueller Blick dringt nicht sehr tief – denn andere haben in einer Stunde das gethan, was der Herr in Jahren nicht vermochte.

CHRISTOPH. Ob ich Geld kriege?

BARONESSE. Nein!

CHRISTOPH. Greif, geben Sie mir die Schreiben. Er zerreißt sie. So notifizire ich, Johann Christoph, der mittlere Graf zu Boga, daß ich mit der Fräulein Nichte mich nicht vermählen will. Er steht trotzig da.

BARONESSE kalt. Mein Herr von Greifhart!

GREIF stürzt hervor. Gnade –

BARONESSE. Ich kündige hiemit den Herren Vettern meine Kapitalien auf – und dringe im Nichtzahlungsfall auf eine Kommission.

GREIF. Ich will nicht hoffen![235]

CHRISTOPH fährt zusammen. Que Diable!

BARONESSE. Wollten Sie doch meine Tochter rufen, Herr von Greifhart –

GREIF geht ab.

CHRISTOPH zu Figaro. Que Diable! Was ist das?

FIGARO in die Hände schlagend. Unglück!

CHRISTOPH. Ich hab's doch recht gemacht?

FIGARO. Auf gewisse Weise –

CHRISTOPH. Sie müssen sie besänftigen – sonst sind wir ruinirt –


Dieser Dialog geht zwischen dem Figaro und dem Grafen leise vor. Da die Baronesse hersieht, sagt der Graf im Gehen laut und mit gezwungener Anmaßung.


CHRISTOPH. Adieu, Madame la Baronesse. Geht ab.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 234-236.
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