Vierter Auftritt.

[78] Madame Ruhberg. Louise. Sekretär Ahlden.

Eine kleine Pause.


MADAME RUHBERG. Lieber Sohn, was haben Sie für einen würdigen Vater!

LOUISE. Ja wohl.

SEKRETÄR. Er ist von strenger Redlichkeit, dann und wann zu gerade hin – aber gut wie man nur gut sein kann.

LOUISE. Habe ich nicht gut gewählt, liebe Mutter?

MADAME RUHBERG. Wohl hast du das! Ihr Herr Vater und ich, wir haben einander sehr verkannt. – Ich fürchte, er wird mich noch oft verkennen.

SEKRETÄR. Haben Sie vergessen, in welcher Ergießung seines Herzens er Ihnen vorhin Gerechtigkeit widerfahren ließ?

MADAME RUHBERG. Ich möchte diese gute Meinung so gern erhalten, aber ach – das sind für euch so glückliche Stunden, und ich kann euch meinen Kummer nicht verbergen –

SEKRETÄR ihre Hand küssend. Wollten Sie das vor Ihren Kindern?

MADAME RUHBERG. Thränen zu eurer Freude!

LOUISE. Freude bei meiner Mutter Thränen?

MADAME RUHBERG. Wo ist er, was macht er?

SEKRETÄR. Ich verstehe Sie –

LOUISE geht hinaus.

MADAME RUHBERG. Aber fühlen können Sie es wahrhaftig nicht, was in mir vorgeht. Wo ist er, warum ist er nicht hier? Heut nicht? jetzt nicht? – Es muß etwas mit ihm vorgehen.[79]

SEKRETÄR. Was könnte –

MADAME RUHBERG. Das ist's eben – ich fühle alles, was sein könnte, und zittere vor dem, was ist. Er liebt seine Schwester unbegränzt, und ist nicht da!

SEKRETÄR. Vielleicht –

MADAME RUHBERG. Er hatte obendrein versprochen, da zu sein, er hält sonst fest auf sein Wort, Sehr bekümmert. und ist nicht da!

SEKRETÄR. Wer weiß, ob nicht –

MADAME RUHBERG. Nicht wahr – Sie können nichts sagen –

LOUISE kommt wieder.

MADAME RUHBERG. Ist er noch nicht da?

LOUISE. – Nein –

MADAME RUHBERG. – So viel Unruhe zu einer Zeit, wo jede Kleinigkeit, alles – auf das ganze Leben bestimmt. – Es gehet so vieles gegen meine Erwartung – ich hätte gern alles gut gemacht, und habe alles schlimm gemacht. – Wie viele Eltern sind in dem Fall, das erfüllt zu glauben, was sie für ihre Kinder wünschen – und wie wenige werden mir verzeihen.

SEKRETÄR. Sein Sie gewiß, die Thaten des Mannes werden die Verirrungen des Jünglings verdunkeln.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 2, Wien 1843, S. 78-80.
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