Achte Szene


[340] Menzikof. Die Vorigen.


MENZIKOF.

Heil unsrem Zar!

PETER.

Dank, Menzikof. Wie steht's

In Moskau?

MENZIKOF in Eifer.

Mich hat Gott beschützt! Ich weiß,

Daß ich dir lang noch werde nützlich sein.

Mit seiner Engel Flügeln deckt' er mich

Auf meinem Weg zu meinem Haus. Vorm Auge

Der Feinde ging ich, und sie sahn mich nicht.

PETER.

Von Moskau will ich wissen, nicht von dir

Und deiner Todesangst! Ich glaub', ich bin

Der einzige, der nicht an sich denkt.

MENZIKOF.

Moskau

Ist leer von Truppen.

PETER.

Was?

MENZIKOF.

Die Semenowschen

Hat Glebof fortgeschickt nach Astrachan.

GORDON.

Der zeigt Verstand.

PETER.

Die Semenowschen fort!

Auf diese Truppen rechnet' ich. Das Reich

Ist bar und bloß. Das hat mich überrascht.[341]

Sonst pflegen sich Empörer mit der Macht

Der Waffen zu umgeben; darauf baut' ich,

Denn die Armee ist mein. Sei's drum! Ich geh'

Nach Moskau doch.

GORDON UND MENZIKOF.

Allein willst Du? ...

PETER.

Allein?

Ich geh' nach Moskau in Gesellschaft von

Poltawa, Liesna, Wiborg, Tweremünde!

Ins Kloster mit dem Zar, der zaudern kann,

Wenn er gehört, daß freche Untertanen

Am Throne rütteln! öffnet mir die Adern!

Mein Blut ist weißer Gischt geworden, will

Gen Himmel spritzen! Luft! Mich tötet's noch!

Nicht eine Nacht verschieb' ich's.

MENZIKOF.

Herr, geh nicht.

Versammelt sind im Kreml die Aufrührer,

Ihr Anhang wacht, ist stark. Das Volk zieht lärmend:

»Es leb' Alexis!« rufend, durch die Gassen.

Du stürzest dich in den gewissen Tod!

PETER.

Kann sein, doch glaub' ich's nicht. Mit meiner Faust,

Steht mir auch niemand bei, töt' ich die Hydra.

's mag tollkühn scheinen, ist es aber nicht.


Trommeln hinter der Szene. Gleich darauf Kommando und Rasseln der Gewehre.


Quelle:
Karl Immermann: Werke. Herausgegeben von Benno von Wiese, Band 4, Frankfurt a.M., Wiesbaden 1971–1977, S. 340-342.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Alexis
Alexis: Eine Trilogie Von Karl Immermann . (German Edition)

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Nachtstücke

Nachtstücke

E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz

244 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon