Vierter Auftritt.

[29] SPECKBACHER tritt auf.

Wo ist der Sandwirt? Hat er Zeit zu schlafen?

Die Pestilenz! Wo bleibt er? Kreuz und Schlag!


Hofer und Haspinger kehren zurück.


HOFER.

Wer flucht so grimmig in den stillen Morgen,

Und hemmet unsern pflichtgemäßen Gang?

Schäm' dich doch, Joseph!

SPECKBACHER.

Lieber Vater Hofer!

Der Himmel hat ein Einsehn und verlangt

Von Speckbachern heut kein Gebet. Ich stehe,

In meinem Schweiß gesotten! Lumpenvolk!

Die Hälfte meiner Mannschaft war davon,

Verlaufen zu den Weibern, zu den Kindern,

Frühstück zu essen, Vieh zu füttern! Bloß

Die Feuer taten ihre Pflicht, und brannten.

Da trieb ich in der Eil zusammen, was

Sich raffen ließ: Landfahrer, Bändelkrämer!

Notdürftig wieder sind die Posten voll.


Ein Tiroler Marsch.
[29]

EISENSTECKEN tritt auf. Sind das die deinigen?

HOFER. Der wird's uns sagen.

EISENSTECKEN.

Die Landsverteid'ger, Oberkommandant,

Von Meran und Passeier und Allgund,

Von Schalders, die von Mais, vom Grab Sankt Veltens.

Von Scheuna, Partschins, und die Pustertäler,

Vintschgau, und etliche von Gröden, Sarn,

Die Kästelruthner und die Rodenecker,

Die Kompagnien Lazfons, Velthurns, Villanders,

Stehn aufmarschiert an dieses Berges Hang.

HOFER. Komplett?

EISENSTECKEN. Komplett.

HASPINGER zu Speckbacher.

Der schläft und sieht nicht nach,

Und seine Leute bleiben.

SPECKBACHER.

's ist zum Ärger!


Verdrießlich lachend zu Hofer.


Ich werd' euch noch vergiften, Exzellenz!

HOFER.

Zweihundert Schützen sollen vorwärts rücken,

Bis, wo der Hügel in die Ebne läuft.

Und, wenn der Feind sich ihnen nahen wird,

Ein leichtes Plänkeln mit ihm einzugehn,

Sie sollen sich, was mehr, nicht unterstehn.

Das Hauptkorps lagert sich, wo's jetzt befindlich,

Gedeckt vom Berg und seinen Waldeshöhn.


Eisenstecken ab.


SPECKBACHER.

Eröffne deinen Plan mir, lieber Sandwirt!

HOFER.

Joseph, ich weiß noch nicht! Er wird sich finden

Zu seiner Zeit.

EISENSTECKEN kommt wieder.

Dort unten trommelt's, wimmelt's.

Der Feind tritt an.

HOFER.

So soll'n wir armen Bauern

In Streit gehn mit den Herren dieser Welt!

SPECKBACHER. Zum rechten Flügel eil' ich.

HASPINGER. Ich zum linken.

HOFER.

Ich bleibe hier im Mittelpunkt der Schlacht.

Die Schatten weichen und der Tag bestrahlt[30]

Die Straße, die nach Östreich weist und Wien.

Auf eure Posten, Brüder! lebet wohl!

HASPINGER.

Der lebte wohl, der heute kampfrot stürbe!

Indes – auf Wiedersehn.

SPECKBACHER. Auf siegreich Wiedersehn!

HOFER gibt ihnen die Hand.

Auf Wiedersehn vor Kaiser Maxens Stadt!


Alle ab.


Quelle:
Karl Immermann: Andreas Hofer der Sandwirt von Passeier. Bielefeld und Leipzig 1912, S. 29-31.
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