Dritter Auftritt.

[50] Hochfeld. Robert. Glatt.


GLATT. Bon jour, Herr von Hochfeld, bon jour, Herr von Wellenschlag –

HOCHFELD. Was gibt mir die Ehre?

GLATT. Ich wollte nur so – en passant mich erkundigen, wie Sie nach dem gestrigen Balle geruht – aber ich habe nur wenige Minuten Zeit –

HOCHFELD. Sie sind immer sehr beschäftigt –[50]

GLATT. Außerordentlich – ein Mensch, der, wie ich, sich mit Geldgeschäften befaßt, muß, wie das Geld selbst, an allen Enden und Ecken roulieren. – Man hat seine liebe Sorge, sein Geld honett unterzubringen; da wurde mir eben ein Kapital von achtzigtausend Gulden zurückgezahlt.

HOCHFELD aufatmend. Ach –

GLATT. Aber das Geld ist jetzt so allgemein, man findet selten jemanden, der etwas brauchen könnte –

HOCHFELD. Hm – Ganz gleichgültig scheinend. Wenn Sie gerade niemanden wissen –

GLATT. Wie – wollten Sie selbst vielleicht –

HOCHFELD. Ja, ich habe ein neues Fabrikgebäude im Projekt – es erfordert zum Beginne große Summen – freilich wäre auch bedeutender Gewinn –

GLATT für sich. Ei, ei – er braucht Geld – sachte! sachte!

ROBERT lächelnd. Nun, und ein Handlungshaus wie das des Herrn Hochfeld verdient wohl alles Vertrauen –

GLATT Hochfeld die Hand reichend. Ei freilich, freilich, lieber Freund, mein ganzes Vermögen steht Ihnen zu Diensten – nur ist jetzt – wie Sie selbst wissen, das Geld so selten –

ROBERT. Aber Sie haben ja soeben über die Allgemeinheit des Geldes geklagt –

GLATT. Allgemeinheit? – Ich bitte Sie – die vielen Ausverkäufe beweisen hinlänglich das Gegenteil –

HOCHFELD. Aber Sie haben doch die achtzigtausend Gulden – und könnten sie mir also gleich zur Disposition stellen.

GLATT. Auf jeden Fall – doch es sind mir bereits von einem andern Hause sehr vorteilhafte Offerten gemacht worden –

HOCHFELD. Zu wie viel Prozent –

ROBERT. Versteht sich nicht höher, als sechs –

GLATT. Und dann die geringe Maklergebühr zu zwei Prozent.

HOCHFELD. Das wären also acht.

GLATT. Nein, zehn.

HOCHFELD. Zehn?

GLATT. Ein kleines Kommissionsdouceur zu zwei – zwei und sechs macht acht und zwei ist zehn –

HOCHFELD. Das ist aber denn doch etwas viel. – Nun denn – nur der große Nutzen, den ich mir von der neuen Fabrik verspreche, bestimmt mich dazu – ich nehme es an![51]

GLATT. Ich gehe sogleich, Ihren Wunsch zu erfüllen –

ROBERT für sich. Ich lebe wieder auf.

HOCHFELD zu Glatt. Wir speisen doch zusammen –

GLATT sich verneigend. Sie sind zu gütig, ich nehme Ihre Einladung an – also au revoir, Herr von Hochfeld, in wenigen Minuten kehre ich mit der Summe zurück. Er geht ab.

HOCHFELD schwer aufatmend. Dem Himmel sei Dank, das Gewitter scheint sich zu verziehen – –

ROBERT. Glauben Sie mir, ich fühlte nicht weniger Angst als Sie selbst, doch jetzt eile ich zu meinem Vater, ich werde ihn selbst hierher begleiten, und hoffe, bis dahin Ihre Stirne geglättet zu sehen. Er geht ab.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Stadt und Land oder Der Viehhändler aus Oberösterreich. Leipzig [1905], S. 50-52.
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