[Wie viele Sänger schritten durch die Zeit]

[78] Wie viele Sänger schritten durch die Zeit

Und gaben meiner Seele ein Entzücken,

Denn jede Schönheit suchte ich zu pflücken,

So Erdenklang wie Sang der Ewigkeit!


Und oft, wenn mich der Muse Kuß geweiht,

Schwillt dieses Tönemeer, mich zu beglücken.

Doch sucht kein Klang den andern zu erdrücken,

Da ist kein roher Lärm, kein wilder Streit.


Es ist wie Sang, den uns der Abend bringt:

Das Quellenrieseln und der Glockenklang,

Das Vogellied, der Blätter eiliges Sprechen –


Wie alles dies im Chor zusammenklingt

Und tönend formt des Tages Schlußgesang,

Und keins vermag die Einheit zu durchbrechen.

Quelle:
Keats, John: Gedichte. Leipzig [1910], S. 78-79.
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