Das Milchmädchen

[101] Wo gehst du nur hin, du Mädchen, sag?

Und was trägst du im Körbchen so sittig?

Du sauberes Kind, eil nicht so geschwind,

Reich mir einen Trunk, ich bitt dich!


Ich mag deinen Anger, ich mag deinen Klee,

Und Milch naschen mag ich unendlich;

Doch lieber mir's ist, wenn dein Mündchen mich küßt.

Das ist ja so selbstverständlich.


Ich mag deine Hügel, deine Täler so sehr,

Und ich mag deine blökenden Schafe –

Doch ach, mich ins Heu zur Seite dir treu

Zu betten zum Liebesschlafe!


Dein Körbchen, das stell ich recht sorgsam beiseit,

Deinen Schal häng ich auf an der Weide,

Und dann seufzen wir matt in Blumen und Blatt

Und küssen und küssen uns beide.

Quelle:
Keats, John: Gedichte. Leipzig [1910], S. 101-102.
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