10. Kapitel
Fliehe unnötiges Geschwätz!

[20] 1. Laß, so viel es von dir abhängt, dich nicht in das Getümmel der Welt hineinziehen. Denn sieh! weltliche Händel, in die du dich einmischst, hindern den Geist, wenn du auch eine gerade, wohlmeinende Absicht dabei hast. Ach! die Eitelkeit befleckt so schnell und nimmt so schnell gefangen. Ich wünschte, daß ich öfter geschwiegen hätte, nicht unter Menschen gewesen wäre. Aber, warum reden wir denn so gern und schwatzen miteinander, da wir doch sehr selten ohne alle Verletzung des Gewissens zum Stillschweigen zurückkehren? Deswegen reden wir so gern miteinander, weil wir in der Unterredung, einer bei dem andern, Trost und Erquickung suchen, und dem Herzen, das von so vielen Gedanken[20] ermüdet ist, gern Luft machen möchten. Und was wir lieben und wünschen, oder was uns drückt und drängt, davon reden, daran denken wir gern.

2. Aber leider! eitel und fruchtlos ist oft all unser Reden. Denn dieser äußere Trost, den wir uns selbst schaffen, verbaut uns den inneren, den nur Gott geben kann. Darum laßt uns wachen und beten, damit die Zeit nicht ungebraucht dahin fließt.

Darfst du reden, und nützt es zu reden, so sprich, was zur Erbauung dient. Aber wir sind von Jugend auf gewohnt zu tun, was nichts taugt, und sind immer zu wenig auf unseren Fortgang im Guten bedacht; darum sind wir in der Hut der Zunge so nachlässig. Damit soll aber nicht geleugnet werden, daß ein frommes Gespräch über geistliche Dinge das geistliche Leben kräftig fördert, besonders, wenn Menschen Eines Sinnes und Eines Geistes in Gott sich gesellen.

Quelle:
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7663, Stuttgart., S. 20-21.
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