Im Herbste

[148] 1822.


Hoch von Bergen tönt zu Tal

Freudenruf und Jubellied:

Sei gegrüßt, du heil'ger Strahl,

Der auch unsern Berg durchglüht.


Längs des Neckars, längs des Rheins

Tönet solcher Freude Schall,

Preist den mächt'gen Gott des Weins,

Der gekrönt die Hügel all.[148]


Evoe! Dem Gotte leer'

Ich auch dieses Glas mit Wein!

Gold des Neckars! – Doch woher

Fällt ein Tropfen Blut hinein?


Freunde! das ist Griechenblut!

Stellt Gesang und Jubel ein!

Blickt zu Tal, mit trübem Mut

Auf die Welt, den kalten Stein.


Evoe! Ruf, der einmal

Froh getönt durch Hellas' Land,

Töntest mir jetzt Hellas' Qual –

Und das Glas entfällt der Hand.

Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 148-149.
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