Fünfte Vorstellung.

[36] Ein Mann vom Felde brachte die Nachricht, daß der König schon vor zwei Stunden hinter dem Städtchen vorübergefahren; daher schlich sich der Senat mit seiner Anrede wieder nach Hause, auch stiegen die Leute von den Dächern wieder in ihre Zimmer zurück. Eine Bande herumziehender Komödianten befand sich in der Wirtsstube, und weil ich noch keine andere Komödie als eine Hundskomödie gesehen hatte, so war ich sehr begierig auf ihr Spiel.

Auch befand sich ein Mann mit zwei Hasen, die er zum Schreiben abgerichtet zu haben vorgab, allda.

Die Studenten verlangten das Kunststück zu sehen; der Besitzer der Tiere stand mit einer Verbeugung von seinem Stuhle auf und sprach also: »Meine Herren! gleichwie unter denen Menschen einige Lieblinge der Götter gefunden werden, denen der Himmel zu gewissen, denen andern nützlichen Zwecken außerordentliche Kräfte des Verstandes verliehen, womit sie Dinge, einer Unsterblichkeit würdig, ans Licht zu stellen imstande! ich ziele auf einen Alexandrum magnum, auf den Redakteur des Wochenblatts für Moralität, – also gibt es auch unter denen niedern Geschöpfen einige, so nicht ganz ohne Vernunft, ja ich möchte sagen, mit bewunderungswürdigen Faßlichkeiten begabt sind; ich ziele auf den Hund, der zu jedbeliebigem Liede mit dem Schwanze den Takt schlug, ich ziele auf den Esel, so die Sackpfeife blies, ich ziele auf diese meine angehenden – –« »Genug!« fiel ihm einer der Studenten in die Rede, »geb' Er vorerst eine Probe!« Da schlug der Mann den Hasen ein Band um den Hals, setzte sie auf einen Bogen Papier und zog das Band so lange und so fest zusammen, bis die Hasen die Zungen[36] herausstreckten und mit den Füßen auf dem Papiere hin und her zu fahren begannen.

»Betrüger!« schrie einer der Studenten; »Meuchelmörder!« brüllte Haselhuhn. »Die Hasen sind mein Gut,« versetzte der Mann, »ich bin ihr Verleger«, und verschwand.


Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 36-37.
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