Der Totengräber

[47] Ich rede frisch von der Leber

Weg, zum Parlieren[47]

Und Zieren

Ist keine Zeit.

Ein armer, wandernder, stellenloser Totengräber

Bittet um Arbeit.

Habt ihr keinen Toten zu begraben?

Keine Leiche im Haus?

Ei der Daus!

Keine Mutter? Keine Tochter? Keinen Mann?

Ich begrabe sie, so gut ichs kann.

Bei mir ist jeder gut aufgehoben,

Das Werk wird seinen Schöpfer loben.

Ich trage die Schaufel stets bei mir

Und begrabe Sie auf Wunsch im Garten hier.

Die Erde leicht und lau fällt

Auf Ihre Rippen

Wie Schnee.

Ein Grab ist schnell geschaufelt.

Die Lippen

Lächeln: Ade!


Ich wandre immer hin und her,

Ob ich nicht Arbeit fände.

Mein Herz ist leer, mein Beutel ist leer,

Und leer sind meine Hände.


Denn wer mich sieht, der schlägt von fern

Um mich den Hasenhaken.

Die Mädchen schlafen und die Herrn

Nicht gern im Leichenlaken.[48]


Ich bin ein verlorner Sohn. Ich frass die Treber

Der Fremde allzu lange Zeit.

Ein armer, wandernder, stellenloser Totengräber

Bittet um Arbeit.

Quelle:
Klabund: Das heiße Herz. Berlin 1922, S. 47-49.
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