Vierdte Handlung.


[53] Weisen / Herodes / Chor.


Deß Himmels Blumenplan / deß Höchsten Heiligthum

erzehlet Tag und Nacht mit Ruhme Gottes Ruhm /

Da hat der Sternen Fürst sein Zimmer aufgeschlagen /

da gehet er hervor und setzet sich zu Wagen

gleich einem Bräutigam: Er hitzet als ein Held

der Preißbegierig ist: zu Roß in Rüstung hält /

bald rennet auf den Danck voll feuriger Gedancken /

So /daß er Lorbeerlaub und Danck bringt auß den Schrancken;

Er gehet gelblich in frühen Osten auff /

vnd endet widerüm in Osten seinen Lauff /

nichts bleibt in Nord und Sud / in Abend und in Morgen /

in Erd / in Lufft / in Flut vor seiner Hitz verborgen.[53]

Wir stehen nun allhier und sehn wie sich verschanzt

das blancke Heer der Nacht / wie alles gläntzt und tantzt.

Wie treflich leuchtet doch in schöngeformten Reyen

deß Himmels Blumenwerck / wie Blumen in dem Meyen.

Vnd wann / wann kömt doch eins / deß Jacobs schöner Stern

den Balaam verkünd / der Sternen Stern und Kern /

der da soll Moabs Glantz mit seinem Glantz zerstücken /

und auch den Boden Sehts zu boden niderdrücken?


Dort stralt im ersten Hauß der seine Hörner neigt /

der Widder Abrahams der silberweiß sich zeigt /

Da der Brandopffer Stier der Reif und Kältbezwinger /

der Stier der Kälte stört der halbe Frülingsbringer /

das helle Brüderpaar / der Krebs der Felder sengt /

der faule Nächte kürtz / der muntre Tage längt /

Der Löwengrosse Stern der seine Klauen strecket

der Lufft und Erd üm jhn mit Feuerfackeln decket.

Das Jungfräuliche Liecht das eine Garbe trägt /

und sich in ährenkleid zum müden Schnitter legt /

Fürst Belsazer sich find in seinem Sinn betrogen /

Er wird in einer Wag gewogen / aufgezogen;

der falsche Skorpion der nichts nicht gutes stifft /

und dort viel tausend Mann in Israel vergifft.

Der Jäger Ismael mit seinem Bogen rennet /

das hole Himmelfeld mit hartem Hufe trennet /

der loßgelassne Bock der in die Wüsten läufft /

und der sich siebenmal in Jordans Fluten täufft

Naeman / der da macht / daß aus den Fackeln gehet

ein silberheller Fluß darinnen fliessend stehet

das blaubeschupte Paar Das blaue schöner blinckt /

und alles diese Nacht auf neue Freude winckt.

Die Krippe hat der Punct deß Himmels eingenommen /

der rothe KriegesStern ist zu dem TagsStern kommen /

die Sonne die beflammt auß jhrer Kammer geht

recht mitten unter uns deß Erdentellers steht:[54]

die HörnerKönigin der frohen Himmels Wächter /

läufft auff den Bruder zu mit flinckernden Gelächter /

der träge Steltzenmann der schleichet fuß für fuß /

und in dem achten Hauß deß Todes stehen muß.

der helle JungferStern steigt auf den öbern Boden /

der Himmel lachet gantz mit Sternen überzogen.


Hilff grosser SternenGott / was für ein Stern bricht ein /

es fehlet nimmermehr die Sonn muß doppelt seyn!

Irrt etwan die Natur und will auß Nacht Tag machen?

die Feuer zancken sich die nächtlich flinckernd wachen:


Gott / der da spricht zu der Sonnen / so gehet sie nicht auff / er machet den Wagen am Himmel und Orion / und die Glucken / und die Sterne gegen Mittag.


Der hat diese neue Fackel auf den Leuchter aufgesteckt /

und hat unsre dunckle Hertzen durch das helle Liecht geweckt /

Diß ist es was Bileam hat im Geist zuvor gesaget /

Diß ist es was Daniel hat im Geist zuvor besaget

Schicket euch / schicket die bändigen Rosse /

Eilt fort / eilet jhr lässigen Drosse /

Machet euch fertig wir müssen bald reisen /

Salems geborenen König zu preisen.


Die Weisen reisen nun von Gottes Schutz beleitet /

Von Gottes Liecht beleucht / von Gottes Gleit begleitet /

Der Stern ist recht jhr Stern / Er gehet wann sie gehn /

und stehet / wann sie stehn.

Sie sind dahin gelangt nach tausend sauren Ritten /

durch Eisen und durch Eiß

nach tausend bittern Tritten /

durch Schweiß und mühen Fleiß.

Erblicken nun von fern die heilig-hohe Stadt /

in welcher Gott sein Herd / sein Herd und Feuer hat /

das güldne Gotteshauß das Gott selbst angegeben /

deß Thürne sich selb- selbst hoch durch die Wolcken heben /

Sie reiten nun daher in Perser Pracht geschmücket /[55]

die Gugeln sind mit Gold und Demant außgesticket /

Der Bogen ist jhr Rhor / die Pfeile Kraut und Loth /

Der Sebel ist jhr Schutz / haut sich durch Noth und Todt.

Die Trompter / die Trompten / zum Trompten ansetzen /

die Paucker die Paucken zum Paucken verhetzen /

die Rappen die klappen / die trappen mit Spangen behängt /

sich bäumen und schäumen von Stangen / gefangen bezwängt.


Wer da fragt Salems Wacht? Gut Freund. Wer gut Freund?

WEISEN.

Es hat uns aufgebracht zu diesen fernen Reisen

Ein neuer Wunderstern; Ein Jüngstgebohrner Sohn /

dem Erblich bleiben soll / der Zepter und die Kron.


Wir / die wir deß Donnerszorn / das entzünden der Cometen /

den Kreißrunden Himmelslauff / das fortschreiten der Planeten

und der Elementen Kräffte richtig auß dem Grund verstehn

haben in dem Morgenlande seines Sternes Glantz ersehn.


Wo ligt er denn der Neugeborne König /

Sagt an? was wolt jhr uns aufziehen /

Ist euch der Printz zu wenig?

Die Pflicht erheischts wir müssen vor jhn knien /

und unser Schuld nach Landesart bedencken /

deß Königs König-Sohn recht Königlich beschencken.


Wie wann sich unverhofft ein Vngewiter regt /

und alles übern hauffen schläget:

Wie wenn das Schiff hin segelt ohne schaden

der Boßknecht ist getrost / Bringt über Port zum baden /

bald hört er die Halbfischweiber singen /

die nichts dann wiederwetter bringen;

Dann springt er ein / gibt vor / man soll den Wellen weichen /

zum Ruder sitzen gahn / die schwangren Segel streichen:

So zagt Herodes Hof. Er selbst wie Laub sich schwenckt /[56]

das sich nach allen Winden lenckt.

Zween Hund an einem Bein die thun im minsten gut /

das Liecht verleschet bald das doppelt seine Glut.

Ein Weibesbild um die zwey Buhler sich bewerben /

deß einen Liebes Blüt / muß in der Blüte sterben.

Der Himmel trägt nur eine Sonne /

Ein Fürst ist auch deß Reiches Wonne.


Doch bläst er / wie man sagt / mit jhnen in die Büchse /

Im Munde ist er Schaf / im Hertzen hegt er Füchse /

Hört wie der lose Mann den Wolffesbalg versteckt /

gantz listig mit dem Fell deß frommen Schafs bedeckt.

HERODES.

Lieben Weisen seyt willkommen /

seyt willkommen tausendmal /

Weil jhr euren Weg genommen

her zu meinem KönigsSaal /

danck ich Gott der Glück und Segen /

hat gegeben euren Wegen.


Vnd wann ist der Stern erschienen /

Liebe Weise saget an /

Mein Hof muß dem auch bedienen /

dem die Welt ist unteren /

Vnd ich König werd bedencken /

Ihm den König zu beschencken.


Alle meine Priester sagen /

und die gantze Clerisey /

die die Bibel aufgeschlagen /

daß es Bethlems Städtlein sey /

Bethlehem das kleinst auf Erden /

soll das allergröste werden.


Ziehet hin in Gottes Namen /

Gott beleit euch ein und auß /[57]

Findet jhr den Jungfer Samen

so benamet mir das Hauß

denn will ich auch für jhn treten /

und wie sichs gebührt anbeten /


Die Sternen leuchten in jhrer Ordnung mit freuden /und wann sie Gott herfür ruffet / antworten sie: Hie sind wir / und leuchten üm deß willen / der uns geschaffen hat / und das ist unser Gott.


Wir sind auf frembder Erde /

Wem wol ist bleib daheim: jhr Trompter blast zu Pferde /

der Stern geht wider auf / der treue Reisemann /

der kleidt sich mit uns auß / er kleidt sich mit uns an.


Wie wann ein Handwercksknecht den gantzen Tag gegangen /

und nun bey finstrer Nacht kein Herberg kan erlangen

das helle Monden liecht ist jhm noch Liecht und Steg /

der Mond versteckt sich auch / mit jhm auch Liecht und Weg

Er geht / je mehr er geht / je mehr er sich verirret /

und in den Weg verwirret.

Es schreckt jhm hier und dort ein Wasserfall / ein Blat /

da beydes nichts in sich / was schreckens würdig / hat.

Bald kommet durch die Lufft der sich in sie verkrochen /

der Silbervolle Mond mit vollem Mund gebrochen /

dann siht Er wo Er ist. Ihr Weisen kehret ein /

seht jhr nicht worauf deut deß Sternes stiller Schein.

Hier hat die Nadel nicht die Winkeln außgemahlet

mit bunter Würmermüh; kein güldner Teppich stralet /

kein Bettgewand ist hier mit Amber angefeucht /

das Zimmer ist ein Ort / der nach dem Viehe reucht.


Vnd liegt doch dieser hier der alle Welt muß nehren /

drüm wir und alles Volck mit allem jhn verehren /

mit allen was nur ist / was unser Land nur trägt /

das sey von unser Hand zu seinem Fuß gelegt.


Du Kindlein liegest hier bedeckt mit schlechten Hadern /

und hast doch unser Land beschenkt mit gülden Adern /[58]

drüm schencken wir dir Gold: was aus den Bäumen fleust

als Weyrauch / Benzöe / von deiner Hand sich geust.


Darüm nimb wider hin / was wir O Köng haben /

O Mensch / O Priester nimb die vorgegebne Gaben.

Du König nimb dir Gold / du Priester Räucherey /

du Mensch dir Myrrensafft deß Leibs entfäulung sey.


Vierdter Chor. Christen.


Vollstimmig.

Kan sonst auf die Stimme gesungen werden: Wacht auf rufft uns die Stimme.


DICHTER.

Wachet auf jhr Sioninnen

jhr frohen Himmelsbürgerinnen /

Wach auf / mach auf Jerusalem;

Es ist jetz die Weyhnachtstunde /

Ich ruff mit hellem Munde:

Wach auf / mach auf wachs Bethlehem!

Komm / komm liebe Seel

nimm Lampen / nimm das Oel.

Grosse Freud!

Auf sey bereit

jetzt wird Hochzeit

Dein Höchster freyt die Nidrigkeit.

MUSIC.

Grosse Freude sey gesungen

Mit schwachen Menschenzungen /

Dem Vatter in dem höchsten Thron /

Der sich gnädigst hat gewendet /

Vnd Himmel her gesendet /

Gesendet seinen liebsten Sohn /

Vom hohen Himmels-Saal

In dieses Threnenthal /[59]

Grosse Freude!

Wir sind bereit

zu der Hochzeit.

Der Höchste freyt die Nidrigkeit.

DICHTER.

Zion wird schon unser innen /

und läufft von jhren Zinnen /

dem Bräutigam entgegen schnell:

Ihr Schatz kömmet zwar nicht prächtig /

doch Gabenreich / doch Thatenmächtig /

Sein Stern geht auf / Ihr Oel brennt hell /

Er lieget auf dem Stroh

der Engel Chor ist froh

Grosse Freude!

Auf folget all

zum finstern Stall /

versüst der Hochzeit Music Schall.

MUSIC.

Grosse Freude sey gesungen

Gesungen / sey geklungen

Ein Wunderschöner Lobeton /

Gottes Kind ist heute kommen /

Hat unser Fleisch an sich genommen /

Der grosse Gott / der kleine Sohn /

Er Bräutgam / wir die Braut /

Sind im Stallsaal getraut /

Grosse Freude;

Deß sind wir froh /

Vnd jauchtzen jo /

Mit allen Engeln / Engelfroh.[60]


Quelle:
Oratorium, Festspiel. Herausgegeben von Prof. Willi Flemming, Leipzig 1933, S. 53-61.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Vorschule der Ästhetik

Vorschule der Ästhetik

Jean Pauls - in der ihm eigenen Metaphorik verfasste - Poetologie widmet sich unter anderem seinen zwei Kernthemen, dem literarischen Humor und der Romantheorie. Der Autor betont den propädeutischen Charakter seines Textes, in dem er schreibt: »Wollte ich denn in der Vorschule etwas anderes sein als ein ästhetischer Vorschulmeister, welcher die Kunstjünger leidlich einübt und schulet für die eigentlichen Geschmacklehrer selber?«

418 Seiten, 19.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon