Zueignungs-Schrifft an Jhr Hoch Fürstl. Durchl. Poet

[283] Die Sonne1 gieng Berg- ab mit jhrem Flammen-Wagen/

Man sah sich Lust mit Lust/ mit Freude Freude jagen/

Das frohe Volck der Welt schnidt/ führte Garben ein/

gieng Wild und Vogeln nach/ brach Aepffel/ lase Wein/

und was der Feldlust mehr; Als nechst deß Meeres Schaume/

im fremden Norden Land/ schlug auß Rupertens2 Baume

ein neubearünter Zweig; Ein Zweig von Helden art/

dadurch das Himmel Hauß in Freud gesetzet ward

und auch das Erdenrund. Es war im Sternenhimmel

ein neues Freuden Fest/ ein neues Festgetümmel/

der Erdbau folgte nach und stimmte lustig ein/

es musten Land und Sand/ und Wasser frölich seyn/

da sonst alls frolich ist. Der grosse Bundes-Engel

beschrieb das Engelvolck/ das Volck/ das sonder Mängel[283]

der Hoffart standhafft blieb; es funde sich im Saal

der Flügelträger Schar in ungezehlter Zahl.

Deß Ober-Feldmarschalcks Michaels Partisane/

war Lorbergrün ümlaubt; in Gabrielens Fahne

war trefflich eingewürckt mit Gold die Drachen-Schlacht/

Fürst Vriel bracht Liecht/ das auß Nacht Tagliecht macht.

Fürst Raphael stund da mit starcken Spetzereyen

die tödten Noth vnd Tod. Der Engel Reitereyen

Sich schwungen ab vnd auff; Zebaoth/ St! fieng an

Still/ es würd alles still im blauen Himmelplan:


Zebaoth.


Den Printzen dem ich Glieder Stickwerck3 habe

bißher gewirckt im Lebendigen Grabe/

den hab ich heut gebracht auff diese Welt/

und euren Dienst auf seinen Dienst bestellt.

Jhr werdet Jhn jhr Engel auf mein Sagen

zu Meer und Land auf euren Händen tragen/

Er wird wie ihr vollführen mein Geheiß/

drüm gebet Jhm Liecht/ Sieg/ Krafft/ Lebens Speiß.

Es ist der Printz auß Ruperts Stamm geboren/

den meine Welt zum Käiser außerkoren/

Ein kluger Mann4 von Leibsgestalt zwar klein/

doch Sinnen-groß/ sein Augenheller Schein

war Majestät/ deß Guten sanffter Schlichter

deß Bösenthuns ein Straferzürnter Richter[284]

nach meinem Wort; Printz Rupert war ein Mann/

an dem ein Fürst ein Beyspiel nemen kan.

Er hat mein Hauß zum heilgen Geist erbauet

das Heydelberg mit seiner Schul5 noch schauet/

hat selbe Kirch recht Kaiserlich beschenckt/

in der Er ruht/ mit Lobspruch6 eingesenckt.

Ich hab den Zweig von Rupert eingeschrieben

mit Karols7 Nam/ als der mein Volck getrieben

zum Christenthum; Es wird der Christen Held

Wie Gustav thun/ was Christen wolgefällt.

Drüm werdet jhr/ jhr Engel auf mein Sagen

deß Ruperts Zweig auf euren Händen tragen.


Poet.


Darauf ward voller Freud das gantze Sternenhauß/

der Himmel Himmel war voll Freuden auß und auß.

Man sah der Geister Volck auß Demut-tieffer schwimmen

im leeren hin und her die güldnen Flügel krümmen/

gehorsamlich zu seyn; ein jeder willig geht

den Engel-Printzen und den Printz zu Diensten steht.

Der Himmel musicirt mit Engel-Melodeyen/

man höret durch und durch das Engelfrohe Schreyen/[285]

Gustav Karl/ Karl Gustav der grüne für und für

in jhm deß grossen Karls und auch Gustavens Zier.

Bevor so höret man in vieren Himmelseiten

vier Engel überlaut mit singen künstlich streiten/

ein jeder beut sich an mit seiner Dienstbarkeit/

man ist mit Sieg/ mit Liecht/ mit Safft/ mit Krafft bereit.


Michael.


Ich Michael geb Sieg; Es sol der Printz im kriegen/

wann es von nöthen thut/ der Feinde Heer besiegen

durch meine Hand/ die siegt/ wird siegen seine Hand/

Jhm wird zu Diensten stehn das Meerümflossne Land;

Im Kriege wird Jhm Sieg mit Vbermannen leiten/

Im Friede wird Jhm Fried mit Wolergehen gleiten.


Gabriel.


Ich waffne seine Faust zur Helden Dapfferkeit/

daß Er vollbringen soll deß Herren heilgen Streit.

Er wird mit Gottes Stärck frisch durch die Schlachten8 dringen/

als wie ein leichtes Reh auch über Mauren springen;

Ich führe seine Hand zum strengen Streiten an/

daß sie auch Bogenstahl wie Stroh zerbrechen kan.


Vriel.


Ich Gottes Liecht will Jhn in tunckelbraunen Zeiten

mit hellem Gottes Liecht durch alles Schrecken leiten/

Sein Lebens Weg und Steg soll voller Liechter seyn/

Er wird ohn Finsternuß außgehen/ gehen ein.

Vnd wann er einsten soll durch Todesschatten ziehen/

will ich mit meinem Liecht nicht von dem Printzen fliehen.


[286] Raphael.


Er soll nach Adlers art gewinnen neue Kiel/

sich schwingen Himmel an durch neues Federspiel;

Ich Gottes Artzt ich wil Jhm Gottes Balsam bringẽ/

daß sich sein Alterthum in Jugend soll verjüngen.

Es soll sein hohes Glück in vollen Wachßthum stehn/

Sein Lassen vnd sein Thun nach Hertzenswuntschen gehn.


Poet.


Das Erdrund hörte diß/ und rief mit frohem Munde:

Willkommen Erden Gott9 von Gott zu guter Stunde

Es muste Meer und Fisch im Meere lautbar seyn/

Es stimte Wald und Wild im Wald froh überein.

Man sahe sich die See mit Wellen-schwellen heben/

die Wunderfrohe Welt viel Freudenzeichen geben;

Die Springflut ruffte laut: Der Herbst vermehrt das Feld/

Gustav erfreut/ verneut/ ernehrt/ vermehrt die Welt.

So sang der Engel Chor auf Anbefehl deß Alten/

bey Gott und Engel ist Versprechen schon gehalten.

Michael gibt jhm Sieg/ Fürst Gabriel gibt Krafft/

Fürst Vriel gibt Liecht/ Fürst Raphael gibt Safft/

der langsam sterben läst. Zehn Tausend Engel stehen/

Zehn mal zehn Tausend Par mit jhm zu Segel gehen/

Es wachet über Jhn die gute Geister Schar/

daß jhm kein Wurm noch Sturm ein Härlein krümmen kan.

Hier/ hier ist Michael/ kein Feind darf sich mehr wagen/

der Drach und seine Wach sind biß aufs Haubt geschlagen;[287]

Diß saget Jhm O Lust10 der gantzen Christenheit

den er hier reimend list der Engel-Drachen Streit.

Er Hochgeborner Fürst werff auf diß mein Gedichte

nach Weltberuffnem Lob sein Gnaden-Angesichte

das niemand traurig macht/11 und dencke doch dabey/

daß was gedichtet ist/ nicht ein Gedichte sey.

Ich will sonst anderweit beloben seine Gaben/

dadurch der Himmel selbst Jhn Himmel hoch erhaben

Gott-Menschbeliebter Printz; Nechst andrer seiner Zier/

Wird auch der Verse Gunst den Sternen stralen für;

Noch besser wird es thun der Früchte-bringer Orden/

(in dem Er hoher Fürst ein hohes Mitglied worden)

mit einem Fürsten-Lob/ das von dem Himmel kömmt/

und Fürsten widerüm mit Lob in Himmel nimmt.


Jhr Hoch Fürstl. Durchl.

Gehorsamster Diener

Johann Klai/ gekrönter Poet.

Fußnoten

1 Das Absehen ist auff das Jahrtheil/ in welches Ihr Hoch Fürstl. Durchl. Geburts Tag fällt.


2 E quo domus Palatinatus (Pfaltzhauß.) Quippe ex Elisabetha suscepit Stephanum, qui duxit Annam, Filiam Comitis Veldentiæ, ex qua duas stirpes produxit: Ex Filio Friderico Spanheimensem, ex Ludovico nigro Bipontinam.


3 in der edlen Grundsprache brauchet David םקר, welches von Seiden Stickwerck oder Nadelmahlerey gesagt wird.


4 Folgends ist der Lobspruch Käiser Ruperts: Rupertus fuit Princeps ingenio acris, corpore parvus, sed magnus animo, Majestatis Imperii ac Rerumpublicarum perquam amans ac studiosus, justorum Patronus, malignorum severus ultor, & magnum Christiani Magistratus exemplum. Chron. Carion.


5 Rupertus iste fundavit ibi Academiam. Dress.


6 Obiit 1410 18. Maji. sepultus Heidelbergæ, hoc Elogio: Rupertus Dux Bavariæ, Comes Rheni Palatinus, Romanorum Rex justus, pacis & relligionis amator, dignus DEO visus, qui pro justitia pateretur, hujus sacræ Ædis & Collegii institutor, hic cum castissima Conjuge Elisabetha Norici montis Burggravia quiescit vitâ functus, Anno Christi 1410. Cuspin.


7 Carol 1. quidam derivant à Latino, Carl enim Prisca vox est, quâ robusti fortesq; viri designabantur. Scal. 2. à Rad. Ebræa ארק & לא hoc est invocator DEI.


8 Wie deß Volckes Gottes Generalissimus redet Ps. 18.


9 Hohe Potentaten werden Götter genennet/ wie unter andern Davids 82 Loblied erzwinget.


10 Wie Titus Vespasianus, deliciæ humani generis. Suet.


11 Wie Alcibiades, qui gloriatus est, Neminem ipsius causa lugubrem vestem induisse. Plutar.


Quelle:
Johann Klaj: Redeoratorien und »Lobrede der Teutschen Poeterey«. Tübingen 1965, S. 283-288.
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