Schluß
An die Hochheilige Dreyeinigkeit

[86] (Neue Dactylische.)


Dreyeinigkeit1 löblich/ lieblich gepreist/

GOTT Vatter/ Messias2/ heiliger Geist/

Es haben das dreymal Heilig3 gesungen/

Noch eh wir geschaffen4/ die Englischen Zungen/

GOTT Vatter/ Messias/ heiliger Geist/

Dreyeinigkeit löblich/ lieblich gepreist/

Ein einiger Gott/ ein einiges Wesen/

Dreyeinigkeit wird außdrüklich gelesen5/

Der Vatter erschaffet6/ Christus erlöst/

Die Himmlische Flamme heilget und tröst.

Wir lehren euch Drey mit vestem Vertrauen/

Der Vatter7/ der läst in Stimmen sich schauen/

Messias der steht im kühlen Jordan/

Der heilige Geist nimt Täubleinsart an.

Wir singen deß Tages8 dreymal euch Lieder/[86]

So bald wir aufstehn/ und legen uns nieder/

Wir loben euch auch zu Mitten der Nacht/

Wenn jemand auf seinem Lager erwacht.

Wir bringen euch drey Geschenke9/ drey Gaben/

Die Seele/ das Leben/ was wir nur haben.

Dreynigkeit lieblich/ löblich gepreist/

Gott Vatter/ Messias/ heiliger Geist.

Wir leben und sterben all auf euch Dreyen/

Ihr werdet uns vnsrer Bitte gezweyen/

Vnd raffen auß der gantznichtigen Welt/

Versetzen in euer Himmlisches Zelt.

Fußnoten

Weil heilige Zeit gleiches Beginnen erfordert/ und hiesiger Lobgesang am Fest der heiligen Dreyeinigkeit abgehandelt worden/ als haben wir diese Seufzer an dieselbe abgehen lassen.


1 Das Wort Dreyfaltigkeit beliebet etzlichen Gottsgelehrten nicht/ weil es mehr eine Dreyheit als Dreyeinigkeit außdrükket.


2 Ist so viel als Christus/ ein Gesalbter/ חישמ von חשמ, es wird aber durch diesen Namen sein dreyfaches Ambt angedeutet.


3 Esai. 6. v. 3. singen die Serafim mit verdekten Antlitz und Füssen: תואבצ הוהי שודק שודק שודק Heilig/Heilig/ Heilig ist der HERR Zebaoth. R. Simeon Benlohai legt diesen Lobgesang also auß: חור הז שודק ןב הז שודק בא הז Heilig ist Gott der Vatter/ Heilig ist Gott der Sohn/ Heilig ist Gott der heilige Geist. Niceforus meldet: Daß zu Zeiten deß Käisers Theodosu und Procli deß Ertzbischoffs ein schreklich Erdbeben zu Constantinopel entstanden/ daß die gantze Gemeine hinauß auffs Feld gelauffen/ da sey ein Knabe in die Luft entzükket worden/ und habe gehöret/ wie die Engel das dreymal Heilig gesungen/ und als er sich wieder heruntergelassen/ habe er befohlen/ man solte es in die Litaney setzen/ darauf er die Welt gesegnet/und das Erdbeben aufgehöret.


4 Das ist es/ was Gott zu Hiob saget: Wo warest du/da mich die Morgensterne miteinander lobeten/ und jauchzeten alle Kinder Gottes? Hiob. am 38. v. 7.


5 Daß drey Personen in dem einigen Göttlichen Wesen/ bezeugen im Alten Testament helle klare Sprüche/ im Newen herrliche Erscheinungen. Matth. 17. schreiet der Vatter (die erste Person) vom Himmel/ der Sohn (die andere Person) wird verkläret/ daß sein Angesicht leuchtet wie die Sonne/ der H. Geist (die dritte Person) lässet sich herab in einer liechten Wolken.)


6 Opera Trinitatis ad extra sunt indivisa: Das ist/die Werk der Dreyeinigkeit/ die die Menschen betrifft/sind gemein. Die Schöpfung zwar wird dem Vatter zugeschrieben/ hiervon aber sind nicht außgeschlossen der Sohn und der H. Geist/ denn der Himmel ist הוהי רבדב durch das Wort deß Herrn gemacht/ Psal. 33. v. 6. Joh. 1. v. 3. der H. Geist ינפ לע םימה תפחרמ schwebet auf den Wassern/ das ist/ er hat allen Creaturen/ die wie ein Haufen unbebrüteter Eyer dalagen/durch seine lebhaffte Wärme das Leben gegeben/ im Buch der Schöpffung am 1. v. 2. Also erlöset zwar der Sohn Gottes das Menschliche Geschlecht/ aber der Vatter sendet den Sohn gebohren von einem Weibe/ Gal. 4. v. 4. Der wird auß Vberschattung deß H. Geistes empfangen/ Luc. 1. v. 31. Der Vatter sendet den heiligen Geist/ im Namen deß Sohns/ in die Hertzen der Gläubigen/ durch welchen sie geheiliget werden.


7 Keine hellere Erscheinung der Dreyeinigkeit ist in der gantzen heiligen Schrifft/ als die bey der Taufe Christi/ dahero die H. Vätter die Ketzer Sprichwortsweise angeredet: Gehe hinauß an den Jordan/ da wirst du es sehen. S. Augustin. über Johannem: Apparuit manifestissima Trinitas, Pater in voce, Filius in homine, Spiritus Sanctus in colum ba. Ist eben/ was der Poet saget:


Voce Pater, Natus flumine, Flamen ave.


8 Wie König David im 63 Psalm v. I.7. Vnd der Lobgesang:

Te mane laudum carmine,

Te deprecemur vespere etc.


9 Nemlich was du uns gegeben an zeitlichen Gütern/das Leben/ ja die Seele/ diß alles überliefern wir dir wieder/ mehr haben wir nicht/ üm dich hochheilige Dreyeinigkeit schlagen wir dieses Zeitliche in die Schantze/ das Leben/ das du uns gegeben/ magstu wieder abfordern nach deinem gnädigen Willen und Wolgefallen/ die Seele zu dir nemen in deine Hände/da sie keine Qual rühren wird im Büchlein der Weißheit am 3. v. 1.


Folgends ist der Hochheiligen vielgeliebt- und gelobten Dreyeinigkeit auf allerhand Seitenspielen mit einem Lobgesange hertzlich gedanket worden.


Quelle:
Johann Klaj: Redeoratorien und »Lobrede der Teutschen Poeterey«. Tübingen 1965, S. 86-87.
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