Erste Szene

[382] AMPHITRYON.

Wie widerlich mir die Gesichter sind

Von diesen Feldherrn. Jeder hat mir Glückwunsch

Für das erfochtne Treffen abzustatten,

Und in die Arme schließen muß ich jeden,

Und in die Hölle jeden fluch ich hin.

Nicht einer, dem ein Herz geworden wäre,

Das meine, volle, darin auszuschütten.

Daß man ein Kleinod aus versiegeltem

Behältnis wegstiehlt ohne Siegellösung,

Sei's; Taschenspieler können uns von fern

Hinweg, was wir in Händen halten, gaunern.

Doch daß man einem Mann Gestalt und Art

Entwendet, und bei seiner Frau für voll bezahlt,

Das ist ein leid'ges Höllenstück des Satans.

In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt,

Hat man bis heut mit fünf gesunden Sinnen

In seinen Freunden nicht geirret; Augen,

Aus ihren Höhlen auf den Tisch gelegt,

Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger,

Gepackt in Schachteln, hätten hingereicht,

Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man

Die Ehemänner brennen, Glocken ihnen,

Gleich Hämmeln um die Hälse hängen müssen.

Zu argen Trug ist sie so fähig just,

Wie ihre Turteltaub; eh will ich an

Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme,

Als an die Tücke dieses Weibes glauben.[382]

– Verrückt ist sie, und morgen, wenn der Tag graut,

Werd ich gewiß nach Ärzten schicken müssen.

– Fänd nur Gelegenheit sich, anzuknüpfen.


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 1978, S. 382-383.
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