Neunter Auftritt

[228] Kunigunde und Rosalie.

Pause.


KUNIGUNDE ausbrechend.

Er weiß, umsonst ist's, alles hilft zu nichts,

Er hat's gesehn, es ist um mich getan!

ROSALIE.

Er weiß es nicht!

KUNIGUNDE.

Er weiß!

ROSALIE.

Er weiß es nicht!

Ihr klagt, und ich, vor Freuden möcht ich hüpfen.

Er steht im Wahn, daß die, die hier gesessen,

Sybille, meine Mutter, sei gewesen;[228]

Und nimmer war ein Zufall glücklicher

Als daß sie just in Eurem Zimmer war;

Schnee, im Gebirg gesammelt, wollte sie,

Zum Waschen eben Euch ins Becken tragen.

KUNIGUNDE.

Du sahst, wie er mich prüfte, mich ermaß.

ROSALIE.

Gleichviel! Er traut den Augen nicht! Ich bin

So fröhlich, wie ein Eichhorn in den Fichten!

Laßt sein, daß ihm von fern ein Zweifel kam;

Daß Ihr Euch zeigtet, groß und schlank und herrlich,

Schlägt seinen Zweifel völlig wieder nieder.

Des Todes will ich sterben, wenn er nicht,

Den Handschuh jedem hinwirft, der da zweifelt,

Daß ihr die Königin der Frauen seid.

O seid nicht mutlos! Kommt und zieht Euch an;

Der nächsten Sonne Strahl, was gilt's begrüßt Euch,

Als Gräfin Kunigunde Wetterstrahl!

KUNIGUNDE.

Ich wollte, daß die Erde mich verschlänge!


Ab.


Szene: Das Innere einer Höhle mit der Aussicht auf eine Landschaft.


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1978, S. 228-229.
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