Beitrag zur Naturgeschichte des Menschen

[365] Im Jahr 1809 zeigten sich in Europa zwei sonderbare entgegengesetzte menschliche Naturphänomene: das eine eine sogenannte Unverbrennliche, namens Karoline Kopini, das andere eine ungeheure Wassertrinkerin, namens Chartret aus Courlon in Frankreich. Jene, die Unverbrennliche, trank siedend heißes Öl, wusch sich mit Scheidewasser, ja sogar mit zerschmolzenem Blei, Gesicht und Hände, ging mit nackten Füßen auf einer dicken glühenden Eisenplatte umher, alles ohne irgendeine Empfindung von Schmerz. Die andere trinkt, seit ihrem 8. Jahre, täglich 20 Kannen laues Wasser; wenn sie weniger trinkt, ist sie krank, fühlt Stiche in der Seite, und fällt in eine Art von Betäubung. – Übrigens ist sie körperlich und geistig gesund, und war vor zwei Jahren 52 Jahr alt.[365]

Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 365-366.
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