Achter Auftritt.

[46] Leander, Isabelle und Lysimon, hernach Clarisse.


LYSIMON. Ach, die zwey Gelehrte; schaft mir die Gelehrten aus dem Hause, oder ich bin des Todes.

ISABELLE. Wer ist es denn?

LYSIMON. Der Cleon, und da ein junger Windbeutel von der Reisecompagnie. O schaft mir die Gelehrten weg! das müssen ja recht böse Leute seyn.

LEANDER. Nein, nein, liebster Hr. Lysimon, das sind keine Gelehrte, die sich so pöbelmäßig, so boshaft aufführen. Die wahren Gelehrten sind allezeit Menschenfreunde. Unter wahrhaft großen Genies finden sie keinen, dessen moralischer Charakter nur im geringsten zweydeutig wäre, der ein böses Herz hätte, oder nur eines einzigen niederträchtigen Gedankens fähig wäre.

LYSIMON. Ja, aber sie hätten nur da seyn sollen, sie haben sich rechtschaffen gezankt.

LEANDER. Eben das zeigt, daß sie zum niedrigsten Pöbel gehören. Wenn sie wahrhaft Wissenschaften besäßen, so würden sie Freunde seyn, und beyde ihre Bemühungen zum allgemeinen Nutzen vereinen, ohne pöbelhaft und partheyisch, neidisch und eifersüchtig seyn.

CLARISSE kömmt. Es ist noch jemand von der Reisecompagnie da; er sieht aus wie ein alter Offizier; ich glaube, er wird ihnen auch noch aufwarten wollen.[46]

LYSIMON. Wenn er kömmt, so muß ich es ihm schon erlauben, nur keinen Gelehrten mehr. Nicht wahr, mein lieber Leander, die Musik vorhin hatten sie –

LEANDER. Wie glücklich wäre ich, wenn ich etwas thun könnte, das ihnen angenehm –

LYSIMON. Isabelle und Leander, sagt dem Cleon, daß er mir einen Gefallen thäte, wenn er mein Haus auf ewig verliesse. Gott behüte einen vor dieser Art von Gelehrten. Hörst du, Isabelle?

ISABELLE. Mit tausend Freuden.

CLARISSE. Soll ich bey ihnen bleiben?

LYSIMON. Ja, bleib nur.


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 46-47.
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