Dritte Szene


[1052] Herzogin. Solina.


SOLINA. So soll's gehen, so muß es gehen. Ich will ihn lenken, ihn anzaubern, ihn am Fädchen herumziehen, und dann die Schlinge –

HERZOGIN. Komm an mein Herz! Ich seh erst wie groß du bist. Rette! und dann Jubel ohne Ende.

SOLINA. Sehn Sie, jetzt ist er warm. Von Wärme zu voller Hitze, so will ich ihn um alle Vernunft bringen. Ich will einige Stunden schlechter scheinen als ich bin, will mich überwinden, sosehr sich dieses Herz empört. Will ihm ein Gemälde aufstellen, hoffnungs- und seligkeitvoll. Und kommt der erwünschte[1052] Augenblick, er hascht darnach, zieht sich's plötzlich in die Höhe und er weiß nicht wie's geschah. Ich sah einmal einen kleinen Buben, der einen dummen Streich gemacht hatte, und meinte die Mutter hab's vergessen, weil er nicht mehr dran dachte. Er schlich ihr auf dem Fuß nach zum Schrank, wo 's Zuckerbrot drinnen lag; freute sich schon innigst des süßen Genusses. Die Mutter nahm die Rute, peitschte ihn durch. Da hätten Sie die Fratze sehen sollen.

HERZOGIN. Einzige Liebe wie soll ich dir lohnen? – Mörder! Mörder!

SOLINA. Stille! – Ab.


Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1052-1053.
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