Der Vorhof und der Tempel

[224] Wer ermüdet hinauf zu der Heerschaar der Gestirne,

In die Höhen zu schaun, wo der Lichtfuss sich herabsenkt,

Wo den Blitzglanz Fomahant und Antar, wo des Leun Herz

Sich ergeusst, ins Gefild hin, wo die Ähr' und die Winzerin strahlt!


Mit Graun füllt, und Ehrfurcht der Anblick, mit Entzückung

Das Herz dess, der sich da freut, wo Freud' ist, nicht allein ihn

Ihr Phantom täuscht! Ich steh hier in dem Vorhof der Gottheit.

Beflügelt von dem Tod' eilt mein Geist einst in den Tempel!
[225]

Mitternacht, höre du meinen Gesang, Morgenstern,

Finde du preisend oft, dankend mich, Thränen im Blick,

Bote des Tags! Wirst du darauf Abendstern, find' auch dann

Über Gott, den erstaunt, welcher sein Heil nie begreift!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 1, Leipzig 1798, S. 224-226.
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