[193] Ueberbracht von den Studirenden zu Greifswald, als Schwedisch-Pommern und Rügen dem Hause Brandenburg übergeben wurden.
1815.
Also ward Glauben Schau'n, Wahrheit der Traum des Frommen!
Reich Gottes, Reich des Heils, du bist mit Pracht gekommen!
Fröhlich grünt rings das Land, gedüngt durch Märt'rerblut!
Der Herr Herr hat gerichtet;
Das Böse ward vernichtet;
Es siegt nach langem Hader,
Was schön, was wahr, was gut!
[194]
Germania frohlockt! Aus ihren hundert Gauen,
Rechts wo die Donau brüllt, links wo die Belten blauen,
Stürmt himmelan ihr Psalm, lodert die Opferflamm:
»Der Herr Herr hat gerichtet,
Die Zwietracht ward geschlichtet;
Thuiskons hundert Stämme
Sind nun Ein Volk, Ein Stamm!«
Auf Pomerania dann! Auf Rugia, du Traute!
Legt ab den Trauerflor! Laßt Rosmarin und Raute!
Hüllt euch in Seid' und Sammt; spart der Geschmeide keins!
Das Jawort ist gesprochen;
Der Scheidebrief gebrochen;
Der Trauring ward gewechselt;
Was Zwei gewest, ist Eins.
Was Gott zusammenfügt, das soll der Mensch nicht scheiden!
Hinfort soll Pommern nicht zwiespältig Pommern neiden;[195]
Ewig sey Eins hinfort, was Sprach' und Abkunft eint!
Wohl unter den drei Kronen
Ließ sich's gemächlich wohnen;
Doch mag das Band nicht dauern,
Was die Natur verneint.
Fahr', Odins Volk, fahr wohl! In nie bewölkter Klarheit
Funkl' ewig dir dein Stern, der Angelstern der Wahrheit!
Wir scheiden ... Fahre wohl ... Wohl thut das Scheiden weh ....
Doch ach, die Brüder winken;
Sie winken, und wir sinken
An Hals und Herz den Brüdern,
Und Wollust wird das Weh!
Wer wollte mit Vertrau'n nicht in das Lichtreich treten,
Wo Friedrich Wilhelm thront, umringt von weisen Räthen,[196]
In Mitten seines Volks, das heldisch ernst und mild;
Wo nicht die Willkühr schaltet,
Wo das Gesetz nur waltet,
Wo noch der Väter Glaube,
Der Alten Weisheit gilt.
Wer ist, wer sagt uns an, was Staaten weckt und decket,
Was Thronen stützt und schmückt, was die Tyrannen schrecket?
Ist's nicht der Drang, der kühn ins Mark der Wesen dringt?
Nie mag ein Volk verknechten,
Nie ein Geschlecht verschlechten,
Das nach dem Vließ der Wahrheit
Und Schönheit rastlos ringt!
Preis dir Germania! An deinen Stromgestaden
Lustwandelt rings der Chor der Helikoniaden;
So weit dein Adler fliegt, springt Phöbos güld'ner Quell.[197]
Er springt am Rhein und Mayne,
Am Neckar, an der Leine,
An Spree und Pleiß' und Saale,
Sonnhoch und sonnenhell.
Du säumst, bescheid'ner Strom, kalmusbekränzte Hilde?
Nicht säume! Dich auch deckt mit diamantnem Schilde
Athene. Deutschlands Nord dankt dir sein tagend Licht.
Jahrhunderte verflossen;
Und rastlos, unverdrossen
Hast du gepflegt das Schöne,
Gestrebt für Recht und Pflicht.
Jahrhunderte entflohn. Verstummt ist Albertine;
Entschlafen Julia; verschieden Viadrine...
Wie? auch Leukoris neigt ihr lorbeernschweres Haupt? ...[198]
Nur Gryphia stand den Stürmen.
Ein Hort, den Engel schirmen.
Der Ahnherrn Fluch vertilgte,
Die ihren Heerd beraubt.
Schau, Vater Wratislaf, herab von deinem Sterne,
Ernst, Philipp, Bogislaf, schau't aus der lichten Ferne,
Auf euer Kindlein schau't, das ihr mit Angst gebart,
Das ihr mit Inbrunst hegtet,
In Sorg' und Jammer pflegtet!
Freu't Euch der schönern Zukunft,
Die eures Lieblings harrt.
Denn Friedrich Wilhelm sprach: (Laßt es in Goldschrift schreiben!)
»Was Fürstenfrömmigkeit gestiftet, das soll bleiben.
Was Geister säugt und nährt, nährt auch der Staaten Mark.«[199]
Dem Königswort vertrauend,
Auf Schuckmann's Weisheit bauend,
Auf Putbus Güte trutzend,
Wer, der nicht kühn und stark?
Vernimm dann, edler Mann, den uns Sein König sandte,
Dem längst die deutsche Brust für Pflicht und Recht entbrannte,
Vernimm den Schwur, der uns, auch uns an Preußen band:
»Derweil das Herz sich reget,
Derweil der Pulsschlag schläget,
Sey'n heilig uns und theuer
Gott, König, Vaterland!«
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