13. Bedenke dii.
Mündlich aus Brodewin in d.U.M.

[294] Mal ging der Wolf so im Wald spatzieren, da kam ein Bauer angefahren, dem folgte in einiger Entfernung sein Hund. Wie den der Wolf ersah, fuhr er sogleich mit Ungestüm auf ihn los und wollte ihn zerreißen, aber der Hund bat gar demüthig um sein Leben und sagte: »Lieber Wolf, laß mich doch leben, du sollst es auch nicht bereuen, denn siehe! ich muß in jeder Nacht in meines Herrn Scheune wachen, und da hangen noch ein Paar herrliche Speckseiten, da komm nur heut Nacht hin, so will ich sie dir hinauswerfen!« Da machte der Wolf gleich ein freundlich Gesicht und sagte: »Nun so will ich dich darum leben lassen, aber du mußt mir auch deinen Namen sagen, damit ich dir das Zeichen geben könne, wenn ich da bin.« – »Wohl, sagte der Hund, ich heiße Bedenkedii, und du brauchst nur zu rufen, so thue ich dir auf.« Da ging der Wolf fröhlich fort, und der Hund sprang eilig seinem Herrn nach. Kaum wars aber dunkel geworden, so kam auch der Wolf schon daher, schlich sich an die Scheune heran und rief: »Bedenkedii, Bedenkedii!« Aber der Hund, der es sogleich hörte, rief von innen: »Ich habe mich schon bedacht, ich werde mich hüten, dich hereinzulassen; meinem Herrn sind die Speckseiten mehr nütz,[295] als dir!« Da ward der Wolf gar zornig und drohte dem Hunde, daß er sich ein Loch unter der Schwelle kratzen und ihn dann zerreißen wolle, aber der Hund ließ sich nicht einschüchtern, sondern sagte, das möge er nur thun; der Wolf fing auch sogleich an mit seinen Pfoten zu scharren, aber da erhob der Hund seine Stimme und bellte so laut, daß sein Herr, der Diebe vermuthete, mit einem tüchtigen Prügel dahersprang, und dem Wolf, der sich schon tief unter die Balken hineingewühlt hatte, ein Paar derbe Schläge versetzte, so daß er heulend und mit lahmem Fuß davon rannte.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 294-296.
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