14. Wolf und Fuchs im Hochzeithause.
Mündlich aus Brodewin in d.U.M.

[296] Der Fuchs begegnete einmal dem Wolf und sah so recht vergnügt aus; da fragte ihn dieser: »Sage einmal, Brüderchen, wie kommt's, daß du heute so fröhlich siehst?« Sprach der Fuchs: »Ich weiß eine Hochzeit, da werd ich herrliche Mahlzeit finden, bist du ein Liebhaber davon, so komm nur mit!« Das ließ sich der Wolf nicht zweimal sagen, und als es Abend war, gingen sie beide ins Dorf und krochen durch ein Loch, das der Fuchs unter der Schwelle der Vorrathskammer gescharrt hatte, ins Haus. Da fanden sie nun herrliche Braten und Schinken und Speckseiten vollauf und aßen sich beide so recht satt und konnten gar kein Ende finden.[296] Während dessen fing aber in der Hochzeitstube der Tanz an und die Musikanten spielten ein lustiges Stück nach dem andern auf; wie das der Wolf hörte, konnte er seine Freude gar nicht mäßigen und stimmte mit ein mit seinem »hu, hu!« und tanzte lustig in der Kammer umher, warf hier eine Schüssel herunter und da einen Stuhl um, daß es einen gewaltigen Lärm gab und endlich die ganze Hochzeit bestürzt herbeieilte. Da sahen sie denn den Wolf, und jeder ergriff, was er fassen konnte, der eine einen Besenstiel, der andre eine Forke, dieser ein Stuhlbein und jener eine Mistgabel und nun gingen sie dem Wolf zu Leibe. Der wollte zwar eilig dem Fuchs folgen, der gleich durchs Loch hinausgeschlüpft war, aber er hatte sich so kugelrund gefressen, daß er stecken blieb und nun gewaltig zerbläut wurde, so daß et nur endlich Gott dankte noch mit dem Leben davon zu kommen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 296-297.
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