81. Die Kindbetterin im Gohlitzsee.
Mündlich.

[82] Eine Hebeamme aus Lehnin ging einmal von da nach der alten Ziegelei, und wie sie so an den Gohlitzsee kommt, tritt ihr da ein kleines Männchen entgegen, das sagt ihr, sie solle, ehe sie weiter gehe, mit ihm kommen. Sie folgte ihm auch, und nun führte er sie dicht an den See heran, schlug mit einer Ruthe aufs Wasser, worauf es sich sogleich weit von einander that und sie trocknen Fußes hineingingen. Wie sie nun unten ankam, fand sie eine kleine dicke Frau, der mußte sie bei ihrer Entbindung beistehn, und es währte auch nicht lange, so kam ein kleines muntres Knäblein zum Vorschein. Da war denn das kleine Männlein, denn das war der Vater, hocherfreut und sagte: »Nun nimm dir auch da von den Müll (Kehricht) hinter der Thür, so viel du in deiner Schürze bergen kannst.« Die Frau dachte zwar, das sei ja eine wunderliche Bezahlung, aber[82] da ihr doch da unten bei den kleinen Leuten ein wenig wunderlich sein mochte, nahm sie soviel von dem Müll, als die Schürze faßte, und drauf führte sie das Männlein wieder hinauf und sie ging nach Hause. Nun war sie aber neugierig zu sehen, wie das Müll der kleinen dicken Leute aussehe, nahm einen Kiehnspahn, denn es war finster geworden, und steckte den an, und sieh da! das Müll war zu schieren blanken Thalern geworden. Da war sie nun eine reiche Frau und ihre Nachkommen, die noch leben, sinds noch.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 82-83.
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