80. Das untergegangene Dorf Gohlitz.
Mündlich.

[81] Südlich von Lehnin liegt ein See, welcher der Gohlitzsee heißt und seinen Namen daher hat, daß an der Stelle desselben ehemals ein Dorf Namens Gohlitz gelegen haben soll. Das ist aber untergegangen durch die Strafe Gottes, denn die Bauern dort waren so übermüthig und gottlos geworden, daß sie den Kindern den Hintern mit Brotkrusten reinigten. Da ist denn eines Tages ein kleiner Spring (Quell), der sich dort an einer naheliegenden Höhe befindet, plötzlich so angeschwollen, daß das gesammte Dorf mit Vieh und Menschen untergegangen ist, und nichts davon übrig blieb, als der große Damm, denn das ist die Landzunge, die sich noch weit in den See hinein erstreckt.

Bei hellem Sonnenschein sehen die Fischer auch noch zuweilen den Kirchthurm im Wasser, und namentlich um Mittag hören sie auch wohl das Läuten der Glocken. Fischer haben diese schon hin und wieder im Netz gehabt, aber keiner hat sie bis jetzt herausziehn[81] können, einer hatte sie schon so nahe herangezogen (es war am heiligen Weihnachtsabend), daß er sie hat sprechen hören; da hat die eine gesagt:


Anne Susanne

Wilte mett to Lanne (willst du mit zu Lande)?


und die andere hat geantwortet:


Anne Margrete

Wii willn to Grunne scheten (schießen),


aber damit sind sie auch gleich verschwunden.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 81-82.
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