262. Die Knüppelbuche auf dem Ochsenberg.

Mündlich aus Ochsenfeld und der ganzen Umgegend.

[234] Wenige Stunden von Göttingen liegt am Solling der Ochsenberg und auf dem steht eine große Buche, die ist weit und breit unter dem Namen der Knüppelbuche bekannt. Von der erzählt man, der Teufel habe einmal hier einen Korporal wacker abgeprügelt, der, wie einige behaupten, aus Büren an der Wahle, wie andere wißen wollen, aus Vahrlosen war. Er hatte nämlich dort einem Mädchen die Ehe versprochen, und sich dabei verschworen, wenn er ihr nicht die Treue hielte, so solle ihn der Teufel in seiner slêp nach der Knüppelbuche auf dem Ochsenberg werfen und ihn dort auf jede telge führen. Aber dennoch hielt er sein Wort nicht, sondern hing sich an eine andere und freite sie. Wie er nun mit ihr vor den Altar tritt, da sieht er seine erste Geliebte[234] auf dem Männerchor stehen, die bedräut ihn. Da hat ihn ein gewaltiger Schauder überfallen und wie er hinauskommt, packt ihn der Teufel und fährt mit ihm über's Dransfeldsche Feld nach dem Ochsenberg zur Knüppelbuche und prügelt ihn dort wacker ab. Da ist der Korporal eilig davongelaufen und ist hinabgekommen nach Ochsenfeld, ganz nackt und mit dem großen Knüppel in der Hand, mit dem ihm der Teufel aufgespielt. So ist er dort in die Wirthsstube getreten und hat jammernd nichts weiter gesprochen, als: »Heute ist mein Hochzeitstag, heute ist mein Hochzeitstag!« Da hat sich denn der Wirth seiner erbarmt und hat ihn heimgebracht nach dem Orte, wo er her war, den Knüppel aber, den der Korporal mitgebracht, hat er zum ewigen Andenken behalten und der jetzige Wirth hat ihn noch oft in seiner Jugend gesehen; bei einem Neubau des Hauses ist er aber fortgekommen.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 234-235.
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