261. Die weiße Frau zu Detmold.

Mündlich.

[228] Auf den meisten Edelhöfen im Lippeschen, namentlich aber auf dem Schloße zu Detmold läßt sich zu Zeiten eine weiße Frau sehen, und zwar sagt man, daß die in Detmold eine lippesche Gräfin sei, welche sich gewünscht, an allem Leid und aller Freude ihrer Familie ewig theilnehmen zu können und deshalb noch immer umgeht, sobald in der fürstlichen Familie eine Geburt oder ein Todesfall stattfindet. Tritt letzterer ein, so erscheint sie in grauer Kleidung, und besonders hat man sie von der Kanzlei nach dem Schloß oft hinübergehen sehen, sodaß der Posten dort nicht gern auf der Wacht zu stehen pflegt; denn wer sie sieht, muß ihr seine Reverenz machen und die Schildwacht muß das Gewehr präsentiren, und wenn das einer etwa vergißt, oder sich gar neugierig nach ihr umsieht, so empfängt er einen so heftigen Schlag, daß er nach keinem zweiten verlangt.


Vgl. Nr. 114, 201, 227; Norddeutsche Sagen, Nr. 366; Märkische Sagen, Nr. 119; Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 33; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 270; Baader, Nr. 201; Schöppner, III, Nr. 1343.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 228-229.
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