5. Wie der Teufel sein Hauptbuch verliert.

Iserlohn.

[224] Da ist einmal ein Kaufmann gewesen, dem hat eine Frau vom Lande alle Tage sieben Pfund der schönsten Butter verkauft. Einst geht er durch das Dorf, wo sie wohnt, und weil sie Wirthschaft hat, kehrt er ein und fordert sich ein Glas Branntwein. Da sieht er denn, wie die Frau ein rothes Tuch auf den Fußboden spreitet, die Kirne darauf setzt, dann eine halbe Tasse Rahm und mehrere Eimer Waßer hineinschüttet. Sie gibt sich nun ans Kirnen, und es dauert nicht lange, so hat sie eine Menge schöner Butter. Er denkt, das Tuch müße die Frau vom Teufel bekommen haben, nimmt den Augenblick wahr, wo sie hinausgegangen ist,[224] und schneidet ein Stück davon. Zu Hause läßt er von seiner Frau damit einen Versuch machen und findet seine Vermuthung bestätigt. Die gewonnene Butter wird aber weggeworfen. Einige Zeit nachher führt ihn sein Weg durch einen Wald. Da tritt ein auffallend gekleideter Herr mit einem großen Buche auf ihn zu und verlangt von ihm, daß er seinen Namen hineinschreibe. Er begreift bald, mit wem er es zu thun hat, nimmt das Buch und schreibt: »Jesus Christus, König der Juden.« Als er es nun dem Teufel (denn das war der Herr) zurückgibt, wird das Buch so schwer, daß derselbe es weder halten, noch mit sich fortnehmen kann. Zornig läßt er es fallen und verschwindet mit einem höllischen Gestanke. Der Kaufmann aber schafft das Buch nach der Stadt und übergibt es dem Gerichte. Da sind denn eine Menge Leute eingezogen worden, deren Namen sich in dem Buche fanden.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 224-225.
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