Die Hündin und ihre Genossin

[32] Eine Hündin, deren Zeit gekommen,

Und die nicht wußte, wo die drängende Bürde sie

Ablegen sollte, jammerte so herzbeklommen,

Daß schließlich eine andre ihr die Hütte lieh.

Die Hündin schloß sich ein.

Nach einiger Zeit kam jene dann zurück.

Da bat die Wöchnerin: »Die Jungen, sieben Stück,

Sie sind zum Laufen noch zu klein;

Laß uns noch vierzehn Tage in der Hütte sein.«

Gutmütig sagte ihr die Eigentümerin:

»So bleibt noch diese vierzehn Tage drin.«

Nach Ablauf der gewährten Frist

Verlangt sie dann zurück, was ihr Besitztum ist.

Da zeigt die Hündin ihr die Zähne: »Gut, ich bin

Bereit, mit all den Meinen

Noch diese Stunde abzureisen,

Wenn dir's gelingt, uns auszuweisen.«

Stark waren schon die sieben Kleinen.


Wer Rohen etwas leiht,

Bereut es mit der Zeit:

Kaum jemals wird er es zurückbekommen,

Nie aber ohne Leid und Streit.

Es wird ihm eher mehr noch abgenommen.

Quelle:
Lafontaine, Jean de: Fabeln. Berlin 1923, S. 32-33.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Fabeln
Sämtliche Fabeln
Sämtliche Fabeln
Sämtliche Fabeln, Sonderausgabe
Sämtliche Fabeln.
Hundert Fabeln