Vierter Auftritt

[48] Die Vorigen ohne Renner.


FRANZ einen Schritt auf den Pfalzgrafen zu machend und sich verbeugend.

Franziskus grüßt Euch, gnäd'ger Herr, und freut sich

Aus vollem Herzen, Euch so wohl zu sehn.

LUDWIG sich ihm nähernd und ihm die Hand schüttelnd.

Gott grüß dich, Franz. Wie geht's in deinem Haus?

Was macht die schöne Tochter? Hast ja immer

Versprochen, sie nach Heidelberg einmal

An meiner Frauen Hof zu schicken.


Während sie leise miteinander sprechen.


RICHARD zu Landgraf Philipp.

Ei seht! Wir treffen hier gleich beide Kaiser

Beisammen, Karl – und jenen Gunstkaiser

Der großen Meng', den Gegenkaiser Deutschlands.

Wer weiß, wer von den beiden noch den andern

Zum Strohmann macht! – Seht nur, in welcher Gunst

Der Kurfürst bei dem stolzen Ritter steht.

Fast könnten wir die Müh' bei Karl uns sparen,

Da er so gnädig hier empfangen wird!

Ihr habt's gesehn, ihm galt allein sein Gruß,

Uns hielt er eines Kopfnickens nicht wert.

PHILIPP.

Das ist mir lieb. Denn ungern nur hätt' ich

Entschlossen mich, 'nen Gruß ihm rückzugeben.

RICHARD.

Glaub's gern! Es muß ein eigentümlich Jucken

Ergreifen Eure Haut, sooft Eu'r Fürstlich Gnaden

Den Ritter sieht, der Euch – so in der Tasche trägt!

PHILIPP auffahrend.

In seiner Tasche mich? Wie meint Ihr das?

RICHARD.

Je nun, ich spreche von der Obligation,

Die er in jenem lust'gen Vogelschießen,

Das er, um sein Geschütz sich einzuüben,

Auf Euer Darmstadt hielt, Euch abgewann.

PHILIPP heftig.

Herr, Euer Spott –

RICHARD.

Wer spottet denn, Herr Philipp?

Und spotte ich, so spott ich ja weiß Gott

So gut auf mich wie auf Eu'r fürstlich Selbst!

– Im Ernst, hat man es je erlebt, daß also

Von einem simpeln Ritter umgesprungen wurde[49]

Mit einem Fürsten? Sagt, was wurd' aus Euch,

Wenn er dem Markgraf Badens nicht zulieb

Euch halb gerupft entließ? – Und doch, Herr Fürst,

Habt Ihr schon mal berechnet, auf wie lange

Der Mond- und Sonnenschein in Euren Landen

All Euer Gold und Silber bilden wird,

Wenn er die Schuldverschreibung, mit der Ihr

Den Frieden kaufen mußtet, einkassiert?

PHILIPP.

Ihr wollt mich stacheln! Doch für ungültig

Hat Kaiser Max die Obligation

Erklärt, wie Euch bekannt.

RICHARD.

Allein ich hörte,

Daß Ihr zum voraus in dem Instrument

Verzichtet habt auf jede Einwendung,

Gestützt auf Kaisers oder Reiches Spruch.

So könnt' Euch Maxens Ausspruch wenig helfen,

Wenn Franz, wie man mir neulich hat berichtet,

Gelegentlich sie einzufordern denkt.

PHILIPP.

Gleichviel! Ich fuße auf des Kaisers Urteil.

Mein Schwert –

RICHARD.

Ist noch dasselbe, dünkt mich, wie damals!

Wohl steht es anders mit des Ritters Schwert;

Denn im Verhältnisse zu heut war jener Zeit

Klein seine Macht zu nennen. Wahrlich,

Ein Giftbaum schießt sie riesig in die Luft,

Sein Schatten hat bald für uns alle Platz!

PHILIPP.

Und sei's! Meint Ihr, der Kaiser könn' es dulden,

Daß er die Schuldverschreibung, die sein Ahn –

RICHARD.

Sprecht Ihr vom Kaiser Karl? Geht doch, Herr Philipp!

Habt Ihr vielleicht allein schon ausgewittert

Karls Pläne? – Glaubt Ihr, daß der stolze Jüngling,

Der unumschränkte Herrscher Spaniens,

An unsrer Macht und Unabhängigkeit

Gar große Freude hat? – Das ist's ja eben,

Was uns bedroht. Karl und Franziskus!

Das sind zwei Karten, die sich niemals hätten

Zusammenfinden solln im Spiele einer Zeit!

Jeder ergänzt den andern, kann ihm Mittel

Zum Größten sein! Alles hängt davon ab,

Wie sie der Zufall aufeinander mischt.

[50] Mich soll's nicht wundern, wenn, des Vorteils kundig,

Statt sich, wie möglich noch, einander Trumpf zu bieten,

Jeder den andern bis zum Himmel hebt.


Quelle:
Ferdinand Lassalle: Franz von Sickingen. Stuttgart 1974, S. 48-51.
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Franz von Sickingen; a tragedy in five acts (1910)
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