Achter Auftritt

[111] Balthasar. Die Vorigen.


BALTHASAR eilig und erhitzt auftretend.

Herr!

Von Straßburg komm ich eilends angeritten.

Geschäft'gen Laufes sprengt mit tausend Zungen

Die Fama aus, Ihr wollt das Heer, das sich

Euch dorten sammelt, wider Trier führen.

Weiber und Kinder schon erzählen sich's.

Der Bettler und der Vagabunden Lungen

Jagen gleich Blasebälgen durch das Land

Das Lauffeuer des zündenden Gerüchts.

FRANZ.

Diesmal, mein Balthasar, lügt Fama nicht.

Ich wußt' es wohl, unmöglich sei es, lange

Geheimzuhalten solchen Heers Bestimmung.[111]

BALTHASAR.

So war dies wirklich dieser Rüstung Zweck?

Und Ihr seid fest entschlossen? Überlegt –

FRANZ.

Es gibt hier nichts zu überlegen, Freund!

Verhängten Zügels sprengt der Herold schon

Auf Trier zu mit meinem Fehdebrief.

BALTHASAR nachdenklich.

Dann freilich – steht es nicht zu ändern mehr,

Ich seh es wohl! Gar lange war ich fort

Von Euch, in Straßburg und noch anderwärts

Für Euch zu werben. War ich bei Euch, traun!

Ich hätte Euch vielleicht ganz andern Rat

Gegeben – minder klugen Rat und doch

Vielleicht zugleich auch klügeren. – Doch das

Ist jetzt vorbei! So sei's denn drum. Doch eins

Versprecht mir, Herr!

FRANZ.

Was gibt's, mein Balthasar?

BALTHASAR.

Herr, als ich jetzt von Straßburg zog, da ritt ich

Zuvor ins Lager, nach dem Heer zu schaun;

Dort traf ich Dietrich Späth, Eueren Schwäher,

Der sagte mir, in wen'gen Tagen schon

Wollt Ihr Euch auf den Zug gen Trier machen.

FRANZ.

Und warum hat dies deinen Beifall nicht?

BALTHASAR.

Herr! Noch ist erst das halbe Heer beisammen;

All die Verstärkungen, die Euch aus Kleve

Der Ritter Renneberg, aus Braunschweig Minkwitz

Zuführen soll, die in dem Kölner Land,

Die in Westfalen, Luxemburg, den Niederlanden

Für Euch geworben werden, fehlen noch.

Erwartet erst, daß sie beisammen sind,

Mit ganzer Macht zieht wider Trier dann.

Ihr wißt, es sitzt ein klug energisch Haupt,

Ein kraftvolles, auf Kurfürst Richards Schultern,

Und groß ist er an eigner Macht wie Freundschaft.

FRANZ.

Und darum soll ich Zeit ihm geben, beide

Aufs allerbeste um sich zu versammeln?

Sprich, Balthasar, wie groß ist jetzt das Heer,

Das mir bei Straßburg steht?

BALTHASAR.

Fünftausend Reisige,

Zehntausend Mann zu Fuß und außerdem

Noch des Geschützes reichliche Bedienung.[112]

Auch sind mit ihren Mannen schon herein

Die Grafen Eberstein, von Geroldseck,

Der Eitelfritz von Zollern –


Zu Fürstenberg.


Eure Leute

Sind gleichfalls, Herr, schon da.

FRANZ.

Ganz recht, das stimmt

Mit meiner Hauptleute Bericht. Sieh, Alter,

Du bist ein erzgescheuter Kopf! Ein Feldherr,

Der bist du nicht! In jedes Feldherrn Kodex

Ist Schnelligkeit das erste Zehngebot.

Ich rücke in Eilmärschen in das Land

Des Pfaffen, breche Burgen ihm und Städte;

Zum Überfluß weit mehr als zum Bedarf

Trifft mich vor Trier dann der Zuzug an.

Das gibt dem Lanzknecht frischen Mut und löst

Ihn ab, wenn immer neue Fähnlein lustig

Trompetenschmetternd in das Lager rücken.

Meinst du, ich soll aus allen den Provinzen

Sie erst nach Straßburg schleifen, um von da

Zurück nach Trier wieder sie zu zerren?

Willst du dem Franz 'nen Krebs ins Banner setzen?

Ich halt es mit der Meute, welche sich

Von allen Seiten auf das Wild losstürzt;

Das beste Stelldichein – ist Feindes Eingeweide!


Zu den Rittern.


Auf jetzt, Ihr lust'gen Jäger! Diesmal gilt es

Gar hohe Jagd! Der Freiheit Hüfthorn tönt!

Das Halali, es gilt des Reichs Despoten!

ALLE abgehend.

Zur Jagd! Zur Jagd! Die Treiber auf die Posten!

Bald soll der Boden Feindes Herzblut kosten!


Vorhang fällt.

Ende des dritten Aktes.


Quelle:
Ferdinand Lassalle: Franz von Sickingen. Stuttgart 1974, S. 111-113.
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Franz von Sickingen
Franz von Sickingen; a tragedy in five acts (1910)
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