Fünfte Szene.


[46] Schladritz. Gottsched. Frau Gottsched.


SCHLADRITZ. Der außerordentliche Professor Herr Christian Fürchtegott Gellert!

GOTTSCHED. Geschöpf! Es untersteht sich, noch immer hier zu sein und zu fungieren?!

SCHLADRITZ. Es?! Ich bin in vollem Auszuge begriffen, Herr Professor der Beredsamkeit!

GOTTSCHED. Ich werd' Ihm selber helfen!

SCHLADRITZ. Sehr viel Ehre!

GOTTSCHED. Oder durch die Polizei helfen lassen!

SCHLADRITZ einen Schritt nähertretend. Der Herr Professor der Beredsamkeit versprechen sich auffallend mit dem Worte Polizei: ich bin bereits mehrere Jahre im Hause des Herrn Professors, eines Haupthauptes unter den Häuptern der Universität, ich habe einige Jahre vorher nur Stiefeln und Kleidungsstücke von Akademikern behandelt, ich gehöre durch Verjährung den Strafmitteln der akademischen Behörde, mir gebührt also von Gott und Rechts wegen der Pedell, wenn ich wirklich gewaltsam diesem Hause entführt werden soll!

GOTTSCHED. Er ist ein unverschämter Mensch, so mich dergestalt reizt, daß ich meiner Würde vergessen und Ihm eigenhändig über die Schwelle helfen werde.

FRAU GOTTSCHED. Gottsched, mäßige dich und habe doch ein[46] Einsehn! Du quartierst Besuche ein, wir erwarten in nächster Stunde Fremde, es kommen fortwährend Leute, du weißt, daß die Jungemagd Katharine als Marketenderin davongegangen, und du willst durchaus den einzigen Diener augenblicklich aus dem Haufe jagen, was soll denn daraus werden?! Geh Er, Schladritz, und laß Er Herrn Professor Gellert eintreten.

SCHLADRITZ leise. Sane! Ab.

FRAU GOTTSCHED ohne sich zu unterbrechen. Ich habe Gellert übrigens gebeten, uns so schnell als möglich Sieht sich um, ob auch Schladritz fort sei. einen Diener nachzuweisen, und ich habe dir selbst dringende persönliche Eröffnungen zu machen!

GOTTSCHED in großer Aufregung. Plunder! Plunder! Plunder! Gibst mich preis vor dem Domestiken, bestellst Diener bei diesem Duckmäuser Gellert, kompromittierst uns vor dem Grafen, kompromittierst mich hier, sprichst von persönlichen Eröffnungen im Augenblicke, da dieser mein versteckter Widersacher Gellert an der Schwelle steht, da das Wohl und Wehe der Universität auf meinen Schultern liegt, zerstreust mich, befängst die Verfassung meines Gemüts in solchem Augenblicke – Plötzlich vor ihr stehen bleibend. laß mich in Ruh, Adelgunde Gottschedin, verlaß mich!

FRAU GOTTSCHED betrachtet ihn einen Augenblick und geht dann achselzuckend vor ihm vorüber in die erste Türe rechts ab. – Gleichzeitig öffnet Cato die Mitteltür und läßt Gellert eintreten.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 25, Leipzig 1908–09, S. 46-47.
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