[90] Zimmer im Schlosse zu Upsala.
Sowie der Vorhang aufgegangen, hört man einen Kanonenschlag, dem in mäßigen Zwischenräumen immer neue folgen.
BRAHE kommt langsam. Schießt Viktoria! Wie Grabessalve dröhnt es in mein Ohr – o daß meine Augen diesen Tag sehn müssen! Was ist der Mensch und des Menschen Wunsch? Ein Wanderer, der durch finstern Wald hintappt und sehnlich wünscht, es möge ein Licht, ein Obdach erscheinen – das Licht erscheint und das Obdach,[90] und der Wunsch ist gewährt, aber Licht und Obdach ist eine Räuberwohnung, und der gewährte Wunsch ist des Wanderers Verderben! So wünschten und flehten wir, als unser großer Gustav Adolf fiel: Erhalte uns, Gott unsrer Väter, erhalte uns des geliebten Königs einzig Töchterlein, damit es über uns herrsche einst im evangelisch heroischen Sinne seines Vaters! Der Himmel erhielt das Kind, es wuchs auf, ein strotzend Beispiel von königlicher Begabtheit, ein Stolz für Schweden; denn auf keinem Throne Europas war je ein solcher Reichtum von Kenntnis und Bildung, eine solche Majestät des menschlichen Geistes zu sehn – o wie hell leuchtete uns das ersehnte Licht im dunkeln Walde! Und jetzt! Das Obdach bricht über unserm Haupte zusammen! Der Reichtum ihrer Bildung macht sie unzufrieden mit unsrer evangelischen Einfalt, sie verlangt hinaus zum schimmernden Leben unsrer Feinde! O seliger Gustav Adolf, daß dein Brahe solchen Tag erleben muß, daß dein Kind, dein Kind des alten Olaf Krone, deine Krone uns vor die Füße wirft! Unmächtig sind wir auf der Erde – die Dinge spielen mit uns, und wir vermögen nichts, wir sind Wanderer im dunklen Walde!
Ausgewählte Ausgaben von
Monaldeschi
|