Erste Szene.


[49] Stockholm. Links im Vordergrunde ein Haus; davor und rechtshin Garten. Im Hintergrunde der Mälarsee und das mit einzelnen Lichtern, später immer allgemeiner flimmernde Stockholm. Die Dunkelheit bricht herein.

Sylva, dann Ludolf v. Malström.


SYLVA rasch aus dem Hause kommend. Diese Quälerei ist unerträglich! Ich will nicht lieben, und ich kann nicht lieben, wenn zum Lieben dies immerwährende Tun und Hätscheln gehört!

MALSTRÖM ihr nachkommend, ihre Hand ergreifend und küssend. Tausend Dank, daß du meiner Bitte nachgegeben und die Gesellschaft[49] verlassen hast – O Sylva! was stören die Menschen, wenn das Herz nur nach einem Herzen hangt und verlangt! Was ist alles Sprechen wüst und ausdruckslos neben dem einsamen Laute, neben dem einzigen Worte vom Herzen zum Herzen!

SYLVA. Ludolf, entweder bin ich – wie soll ich dir's sagen? Bin ich kindisch, bin ich arm, oder bist du töricht – ich begreife dich nicht, begreife deine Unruhe, dein Treiben, dein Drängen nicht! Was der Vater drin erzählte, das war mir äußerst anziehend, warum störst du uns heraus?

MALSTRÖM. Sylva! Ach, ich fürchte, du liebst mich nicht!

SYLVA. Was wäre dabei so fürchterlich? Was machst du da für ein Gesicht! Das sieht ja garstig aus! Nicht doch, Ludolf, du weißt, daß du mir der Liebste bist; aber wenn wir drin in der Gesellschaft bleiben, sehen und hören wir einander nicht auch?

MALSTRÖM. Noch schlimmer, Sylva, wenn du gar nicht lieben könntest!

SYLVA. Noch schlimmer, wenn du aus lauter Zuneigung zu mir langweilig würdest, Vetter! Bisher warst du ein kluger, lieber Mann, jetzt tust du nichts als stöhnen und klagen. Sei gescheit, Ludolf, und komm wieder mit hinein, ich möchte gern das Ende der Geschichte hören – Horch, da legt ein Boot an! Wenn man uns hier im Dunkeln überrascht, so gibt's ein Gerede, komm schnell!

MALSTRÖM. Gehen will ich, gehen! Dorthin! Nach rechts deutend. Geh du dahin! Nach dem Hause deutend.

SYLVA. Aber was ist dir denn, Vetter?

MALSTRÖM. Nichts. Wenig. Ich bin traurig – du verstehst mich nicht –

SYLVA. Nein. Während er nach der rechten Seite abgeht, steht sie gedankenvoll im Vordergrunde, und Monaldeschi steigt, unbemerkt von ihr, hinten ans Land. Der Mond geht auf.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 23, Leipzig 1908–09, S. 49-50.
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Monaldeschi: Tragödie in Fünf Acten Und Einem Vorspiele (German Edition)