4. Auftritt

[14] Vorige. Alfred.


KISSLING zum eintretenden Alfred. Na endlich! Ich habe ja auf dich gewartet, wie Wellington[14] bei der Schlacht von Waterloo auf den alten Blücher. Setz' dich, mein Junge.

ALFRED. Entschuldige mich nur noch eine Minute. Dort drüben sitzen meine Verwandten, im Begriff, wieder nach Hause zu reisen. Ich will ihnen nur schnell noch guten Tag sagen und mich dann verabschieden. Bis nachher. Geht zu den Damen.

KISSLING für sich. Ach du meine Güte! Nun simpelt er erst noch Familie! Resigniert. Kellner, noch ein Pilsener!


Alfred wird von seinen Verwandten begrüßt.


ULRIKE. Komm hier neben mich, Alfred. – Aber sage mir doch nur, wo hast du denn den Onkel gelassen? Er ging doch mit dir fort?

ALFRED mit ihr sprechend, während die Mädchen sich mit Journalen beschäftigen. Offen gestanden, ich bin ihm durchgebrannt und will froh sein, wenn er wieder mit Euch auf der Bahn sitzt und nach Hause dampft. Sage mir doch um des Himmels willen, was ist denn nur in den Mann gefahren? Wäre er ein Engländer, so würde ich behaupten, er hätte den Spleen.

ULRIKE seufzt. Ja, seit er sich von seinem Geschäft zurückgezogen hat, kommt er fast jeden Tag auf eine andere Dummheit. Was wir schon mit ihm durchgemacht haben, ist gar nicht zu sagen. Aber was ist dagegen zu machen? Du kennst ja seinen Eigensinn, seinen Starrkopf.

ALFRED. Freilich, freilich!

ULRIKE. Würde ich ihm Vorstellungen machen, könnte ich seine Schrullen nur verschlimmern.[15]

ALFRED. Und dabei die sonderbare Geschmacksrichtung, der er meistens huldigt.

ULRIKE. Ich bin nur froh, daß wir so hübsch abgeschieden auf unserem kleinen Landgute leben, da hat er wenigstens keine Gelegenheit, Unheil anzurichten.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 14-16.
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